Mittwoch, Januar 04, 2006

Wenn die Unfallmedizin krankt

Stell Dir vor, Du hast einen Unfall, bist schwer verletzt, der Rettungswagen ist auch gleich vor Ort, aber kein Krankenhaus will Dich aufnehmen. Eine Odyssee beginnt.

Dies ist allerdings keine Erzählung von Kafka oder ein Erlebnisbericht eines Drittweltstaates. Das geschieht in Deutschland. Denn das Fach der Unfallchirurgie krankt.

Hier ein Beispiel aus der Süddeutschen Zeitung:

Ein 28 jähriger LKW-Fahrer fährt um 15.30 gegen einen Baum in Norddeutschland. 15 Minuten später war der Notarzt da. Allerdings wollte keines der 5 Krankenhäuser der Umgebungen den jungen Mann aufnehmen, obwohl oder gerade, weil sein Gehirn verletzt war und zahlreiche Knochen gebrochen waren. Gegen 18 Uhr brachte der Notarzt den Mann in ein nahe gelegenes Krankenhaus, das für solche Fälle gar nicht gewappnet war. Das überforderte Krankenhaus versuchte ihn in ein für Notfallpatienten spezialisiertes Krankenhaus zu verlegen – in den nächsten 2 ½ Stunden kamen 12 Absagen! Erst um 20:30 Uhr erklärte sich eine Klinik im 135 km entfernten Hannover bereit ihn zu übernehmen. Dort gelang er um 21:05 mit dem Helikopter. 5 ½ Stunden nach dem Unfall. Dort verbrachte er dann 17 Tage auf der Intensivstation.

Wie kann so ein Fall, der laut SZ exemplarisch für die Notfallmedizin stehen kann, passieren?
Es liegt an der Notfallvergütung der Kliniken. Nach den neuen Fallpauschalen bekommt eine Klinik 30.000 Euro für einen schwerstverletzten Patienten. Durchschnittlich benötigt ein Unfallopfer allerdings 38.000 Euro. Je größer die Verletzung, desto größer wird das Verlustgeschäft für das Krankenhaus.

Leidtragender in dieser Angelegenheit ist der (Unfall-)Patient - und das kann jeder sein!

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