Dienstag, Februar 28, 2006

Zeitungsmainstream

Als ich nach meinen Studienaufenthalt in der Ukraine nach Deutschland zurückkam freute ich mich besonders darauf endlich wieder eine gescheite Zeitung in den Händen halten zu können. Es ist einfach ein schönes Ritual in der früh einige Zeitungen durchzuarbeiten, um zu wissen, was so in der Welt los ist. Kaffee für den Geist.

In der Ukraine unter Kucma gab es natürlich auch Zeitungen. Es gab sogar Oppositionsblätter. Ja, nur sieht das alles eben etwas anders aus und so was musste man lernen. Also vertiefte ich an der Uni nicht nur meine Russischkenntnisse, sondern lernte von den Dozenten, wie man zwischen den Zeilen lesen soll.

Ich erinnere mich eben noch an den ersten regimekritischen Aufsatz, den ich lesen sollte aus der Wochenzeitschrift „Korrespodent“.
Ich fragte mich danach, was ist daran bitte regimekritisch? Die kriechen dem Herrn Kucma doch so in den Ar***.
Nächster Tag in der Uni. Dozentin fragte mich, ob ich den Artikel gelesen habe, ob ich Schwierigkeiten hatte und wie er mir gefiel. Also sagte ich gleich, dass das für mich als Westler kein oppositioneller Aufsatz war.
Woran ich das ausmache, fragte sie.
Naja, schon mal an der Anrede: „Unser Präsident Leonid Kucma“ „der Präsident der Ukraine …“ etc. Bei uns war’s damals halt „Schröder“, „Bundeskanzler Schröder“ etc, aber z.B. nie der volle Titel „der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland Gerhard Schröder“.

Erste Lektion war also: das war alles ironisch gemeint. Man machte sich darüber lustig, wie der Autokrat genannt werden wollte – bei all seinen Titeln oder als Landesvater. Außerdem lernte ich also, wie man Kritik an jemanden zwischen den Zeilen verstecken kann, z.B. anhand von Zitaten. Man zitiert Oppositionelle oder eine Aussage, die man gegen das Regime benutzen kann. Allein die Tatsache, dass man das tut, bringt diese Kritik an viele Leute. Und man lässt dieses Zitat so gut, wie unkommentiert. Der Leser weiß, was er damit anfangen kann, der autoritäre Staat könnte höchstens gegen den vorgehen, der so etwas gesagt hat, aber nicht gegen die Zeitung.

Leider fehlte es in der Ukraine an ausländischen Zeitungen (Ausnahme einige russische). Das einzige Informationsportal in die Außenwelt war das Telefon oder das Internet. Aus ukrainischen Zeitungen erfährt man leider nicht wirklich viel, was passiert. Denn Kritik am Regime ist das eine, mangelnde Infos das andere.

Da lobe ich mir dann doch Deutschland, wo man an fast jede Zeitung irgendwie herankommen kann. Ein Riesenvorteil für den kritischen Geist, den ich vor allem nach dem Ukraineaufenthalt umso mehr zu schätzen wisse. Aber herankommen heißt leider nicht, dass alles das tun. Jeder, der neben deutschsprachigen Zeitungen, andere ausländische Zeitungen (britische, amerikanische, französische, russische) ließt, weiß, was ich meine. Es fällt zum einen immer eine andere Zeitungskultur auf. Es gibt die Zitierer, die nah an der Originalquelle bleiben wollen, es gibt die moralisierenden Vorverdauer etc, aber es existiert auch ein jeweiliges Mainstream. Bestes Beispiel hierfür ist immer die Außenpolitik, weil sich die Unterschiede am besten anhand des Mainstreames einer anderen Zeitung aufzeigen lassen. Ich erinnere nur daran, als unser Bundesgerd vorm Irakkrieg beschlossen hat, dass er die uneingeschränkte Solidarität mit den USA aufkündigt.

Deutsche Zeitungen wurden auf einmal nicht nur US-kritisch und versuchten zu belegen, wie völkerrechtwidrig dieser Krieg doch sei (während des Kosovokrieges war so eine Diskussion schon fast Tabu), sondern gingen teilweise in puren Antiamerikanismus über.

Als Politikwissenschaftler bleibt es für mich ein Phänomen, wie in einer marktwirtschaftlichen Demokratie so ein politischer Richtungswechsel von den Medien und danach durch die Öffentlichkeit übernommen wird. Denn den Druck, wie er in autoritären Staaten vorherrscht, gibt es nicht. Wäre auf jeden Fall eine Untersuchung wert. Wie gesagt, der Vorteil ist, dass man sich seine Informationsquellen aussuchen kann. Während des Irakkrieges konnte man eben amerikanische Zeitungen kaufen, um ein differenziertes Bild zu erhalten. Aber wie oben erwähnt – können heißt nicht immer gleich tun.

Da ich in letzter Zeit viel zum Thema Kosovostatusverhandlungen und von meiner Dominotheorie geschrieben habe, will ich es kurz wieder aufgreifen. Der kritische Leser der Peqecke – denn nur kritische Geister lesen so einen Dummfug, wird sich wohl öfter gewundert haben.

Ja, klingt ja eigentlich ganz logisch, was dieser Peq da schreibt, allein glauben daran mag ich net. Denn ich las das sonst nirgendwo.
Und auch der Peq war am Überlegen. Einerseits sind das alles eigene Schlussfolgerungen gewesen. Andererseits bezog ich mich neben westlichen Quellen auf osteuropäische und die letzteren schrieben irgendwann so, wie ich zu Anfang des Blocks. Meine Hypothesen wurden gestärkt, allerdings nur durch den Osten. Im Westen wurde unisono anders geschrieben.
Vielleicht erlag ich also einer Fehleinschätzung.
Und dann finde ich, dass das renommierte britische International Institute for Strategic Studies die Situation ähnlich einschätzt. http://www.iiss.org/news-more.php?itemID=1963 oder http://euobserver.com/9/20979 .
Da staunte auch der Peq.

Und gab’s heute zu erfahren? Milrad Dodik, Premier in spe der serbischen Republik in Bosnien, meinte, dass eine Unabhängigkeit des Kosovo zu Problemen in der Region führen werde, da mit zwei verschiedenen Maßstäben herangegangen wird. Während man in Bosnien das Prinzip der Unveränderbarkeit der Grenzen und nicht des Selbstbestimmungsrechts der Völker anwendet und somit den Serben verweigert sich aus dem ungeliebten Staat auszugliedern, wird im Kosovo das Prinzip des Selbstbestimmungsrecht der Völker und nicht das der Unveränderbarkeit der Grenzen angewendet, womit die Kosovoalbaner aus dem ungeliebten Staat Serbien ausscheren können.
Wieso ist diese Aussage so interessant?
Der Premier in spe muss befürchten, dass er seines Postens enthoben wird, bevor er vereidigt worden ist. Das macht der Hohe Gesandte und ist des Öfteren schon passiert. Man muss also mit Aussagen ziemlich vorsichtig sein.
Zudem widerspricht das der These (auch des Hohen Gesandte Schwarz-Schilling), dass Belgrad die serbische Republik in Bosnien als Faustpfand benutzen möchte, aber die bosnischen Serben dies anders sehen.
Es stimmt nämlich schon. Wenn ein Politiker aus Serbien damit droht, dass die Serben in der bosnisch-serbischen Republik auch abspalten können, heißt das nicht, dass sie es tun werden. Das wäre so, wenn Deutschland damit drohen würde, dass sich Österreich an Deutschland anschließen wird, wenn irgendetwas nicht passiert, aber die Ösis sich nur denken „Nein danke, ihr Piefkes könnt unter euch bleiben“. Aber im Fall Kosovo hat Serbien nun Rückendeckung aus der serbischen Republik erhalten.

Des Weiteren muss ich noch eine Nachricht kommentieren, die viel zu oft und in viel zu wenigen Zeitungen unkommentiert blieb.

Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag wird seit gestern eine zum ersten Mal in der Geschichte ein Genozidanklage verhandelt. Angeklagt ist Serbien-Montenegro, als Rechtsnachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien. Kläger ist Bosnien-Herzegovina. Forderung 100 Milliarden Euro.

Dieser Gerichtshof sollte nicht verwechselt werden mit dem ad hoc Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag, wo z.B. gegen Slobodan Milosevic verhandelt wird. Vor dem Internationalen Gerichtshof können nur Staaten angeklagt werden, nicht Personen.

Belgrad zweifelt an der Zuständigkeit des Gerichtshofes. Serbien-Montenegro argumentiert wie folgt: die BR Jugoslawien wurde erst nach dem Sturz Milosevics UN-Vollmitglied, also lange nach Beendigung des Krieges.

So, an sich würde man sagen, da drücke sich jemand vor der Verantwortung.

Allerdings wies dasselbe Gericht 2004 eine Klage Serbiens gegen ausgewählte Natostaaten zurück mit der Begründung, dass die Klage interessante Punkte habe, Serbien aber 1999 (Kosovokrieg) nicht UN-Vollmitglied war und es deshalb nicht vor dem Internationalen Gerichtshof einen anderen Staat anklagen könne. Damals zweifelten nämlich die angeklagten Natostaaten an der Zuständigkeit des Gerichtshofes.

Für die Serben entstünde wieder das Bild, dass mit zweierlei Maßstäben gemessen werde. Serbien darf nicht klagen, weil es kein UN-Vollmitglied war, aber gegen Serbien dürfe man klagen, obwohl Serbien kein UN-Vollmitglied war. Wenn man dann das ganze drum herum zu den Kosovoverhandlungen uns so weiter dazu nimmt, sollte man sich nicht wundern, wenn in sehr kurzer Zeit die (noch!) prowestlichen Demokraten in Belgrad weggewählt worden sind und statt ihrer die extrem nationalistischen Radikalen an der Macht sind.

Donnerstag, Februar 23, 2006

Causa Mladic

Es könnte ein wertvoller Schachzug Serbiens werden, falls sich der ehemalige Chef der bosnisch-serbischen Armee „freiwillig“ dem ad hoc Tribunal in Haag ergibt oder ausgeliefert wird.

Gerade die montenegrinische Regierung, die immer wieder beteuert ohne Serbien schneller in die EU zu kommen (als Argument diente immer die Nichtzusammenarbeit mit Den Haag und das, obwohl der ehemalige Präsident der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, gerade in Ostbosnien und in seiner Heimat Montenegro vermutet wird), könnte Den Haag nicht mehr als Argument für die Unabhängigkeit dienen. Zudem wird die EU langsam zum Buhmann, nachdem der EU-Sondergesandte Lajcak beim bevorstehenden Referendum ein Quorum von 55% fordert.

Allerdings ist dieser Eifer del Pontes auch einigen Staaten in der EU unwillkommen, da sie gerade die Assoziierungsverhandlungen als Druckmittel in den Kosovostatusverhandlungen benutzen wollen.

Doch all das kann man hie und da explizit oder implizit in irgendwelchen Zeitungen (heraus)lesen. Eine andere Frage ist für den kritischen Geist jedoch interessanter.

Wieso sind alle so scharf auf Mladic?
So, die Streber werden sagen, wegen Srebrenica.
Jaja, antworte ich ihnen, aber wieso sind alles so scharf auf Mladic? Wäre nicht Karadzic, als politisches Oberhaupt, eher der Hauptverantwortliche für alles Geschehene? Schließlich plant die Politik, das Militär befolgt die Vorgaben. Wieso wird also Ratko Mladic eifriger gesucht, als sein Boss Karadzic?

Eine naive Frage – zwei Antworten.

1.) Nach dem Daytoner Frieden tauchte Karadzic irgendwann einmal unter, nach dem vereinbart worden ist, dass er kein politisches Amt mehr bekleiden dürfe. Seitdem verstummen Gerüchte nicht, dass der US-Unterhändler Richard Holbooke mit Karadzic ein Gentleman-agreement geschlossen hatte.
Karadzic hält sich aus dem politischen Leben in Bosnien zurück – im Gegenzug dazu wird er nie zur Rechenschaft gezogen für seine Taten. Zudem blamierten sich schon einige Amerikaner in Bosnien, weswegen es den Amis nur Recht sein konnte, wenn Karadzic schweigt.
(ein Beispiel: Wesley Clark, damals Militär in Bosnien, galt lange Zeit als aussichtsreichster Kandidat der Demokraten gegen George W. Bush. Bekannt geworden wurde er, weil er 1999 die Luftangriffe gegen Serbien befehligte. Allerdings gibt es aus seiner Zeit in Bosnien unvorteilhafte Videoaufnahmen und Fotos, u.a. mit Ratko Mladic, die GWB geschickt genutzt hatte).

2) Der unzufriedene Verlauf im Milosevicprozess.
Ich will gar nicht auf die Person Carla del Ponte eingehen (ein Tipp gebe ich trotzdem: einfach einmal erkundigen, wie viele Fälle sie als Bundesstaatsanwältin in der Schweiz gewonnen und wie viele verbockt hat). So eifrig, wie in der Schweiz, wollte die harte Dame viel, ohne erst einmal nach Beweisen oder Zeugen zu suchen. Manchmal sind Schlagzeilen mehr wert, als der Inhalt.
Anstatt Milosevic nur einen Prozess wegen dem Kosovo zu machen, was laut Beobachtern schon schwierig wäre, musste sie Kroatien und Bosnien hinzutun. Laut Beobachtern hätte man Milosevic wegen des Kosovokrieges verurteilen können, indem man sich auf seinen Oberbefehl über die jugoslawischen Truppen stützt. Da genügt es, dass er Verbrechen nicht ahnden wollte bzw. einfach verantwortlich ist für das, was seine Truppe tat. Da braucht’s kein Papier indem Milosevic befiehlt, dass dieses und jenes getan werden soll.

So, in Kroatien und vor allem in Bosnien (Völkermord) sieht alles anders aus. Er war nie der formale Oberbefehlshaber. Er war zu jener Zeit Präsident der jugoslawischen Teilrepublik Serbien, über ihm war der jugoslawische Präsident, der damals auch Oberbefehlshaber der Armee war. Zudem gab es in Kroatien und Bosnien zwei „selbständige“ serbische Republiken, mit eigenen Parlamenten, Präsidenten (u.a. Karadzic), und eigenen Armeen. Hier braucht man also einen link von Milosevic zu Karadzic.

Als sich die eiserne Lady Biljana Plavsic, die nach dem Krieg einen prowestlichen Kurs fuhr, sich freiwillig stellte und für schuldig erklärte, in der Hoffnung auf eine geringere Haftstrafe und bessere Haftbedingungen, hoffte del Ponte auf „die“ Kronzeugin gegen Milosevic. Allerdings weigerte sich die Milosevichasserin dennoch gegen den ehemals starken Mann aus Belgrad auszusagen, was ihr dann eine Verlegung in ein doch nicht so angenehmes Kittchen brachte.

Karadzic selbst äußerte sich mehr als einmal, unschuldig zu sein und auch nicht gegen Milosevic aussagen zu wollen. Zudem sieht er ein Vorbild in Milosevic vor Gericht – sprich er rechnet damit, dass er nicht verurteilt werden könne.

Nun gibt’s bei diesem ad hoc Gericht mehrere juristische Präzedenzfälle. Einer davon ist der bosnisch-serbische General Krstic, der wegen Völkermord auch in zweiter Instanz zu 35 Jahre Haft verurteilt worden ist. Spannend bei Krstic ist weniger die Tatsache, dass er als erster vom Tribunal des Völkermordes schuldig gesprochen worden ist, als vielmehr, wo er sich zum Zeitpunkt der Einnahme Srebrenicas befunden hatte. Gar nicht in der Nähe des Ortes und war zu dem Zeitpunkt nach eigenem Bekunden gar nicht einmal der leitende General des Drina-Corps gewesen. Die Einnahme Srebrenica geschah am 11. Juli 1995. Laut Anklage übernahm Krstic die Leitung des Drina-Corps am Abend 13./14. Juli, laut eigenem bekunden 20./21. Juli.

Trotzdem befand das Gericht, dass Krstic an der Teilnahme zum Völkermord schuldig sei, weil für seine Truppe verantwortlich. Es muss weder davon wissen, er muss es nicht befehlen. Nach diesem Urteil kennt der frühere Armeechef Ratko Mladic den Ausgang seines Prozesses schon jetzt. Er muss nicht, wie Karadzic oder Milosevic darauf spekulieren, dass ihm die Anklage nichts beweisen kann. Er weiß, dass er die militärische Verantwortung trägt und deswegen verurteilt wird. Und das ist die Hoffnung von del Ponte – vielleicht in ihm "den" Kronzeugen zu finden!

Dass er nicht lebendig aus dem Knast rauskommt, das weiß Mladic schon jetzt.
Also spekuliert man in Haag, dass er sich gerade deswegen kooperativ zeigt. Haftminderung, eine Luxuszelle etc. Ob die Rechnung aufgeht, ist die andere Sache. Allerdings könnte der laufende Milosevicprozess ohne einen echten Kronzeugen zum Debakel werden. Deswegen will man keinen Karadzic, sondern einen Mladic.

Samstag, Februar 18, 2006

Jump, Jump

Was sagt man zum gestrigen Spiel? Nach dem Bonnspiel dachte ich, dass es die richtige Niederlage zur rechten Zeit wäre, damit wir Fans nicht von den Play-Offs träumen, sondern wissen, dass wir auch weiterhin gegen den Abstieg kämpfen. Ich gebe auch zu, dass ich (trotz des Vorwurfs der anderen Falconeers und Aufbauhelfer, ich hätte Frühlingsgefühle) kein gutes Gefühl vor dem Spiel hatte. Dass es allerdings so endet… und das Ergebnis war schmeichelhaft für uns!!!
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es immer mehr Bremerhavener gab – sowohl in der Offense, als auch in der Defense. Zudem sah vieles nach Flugstunden aus für unsere jungen Falken. Jump, Jump! Harli war stinke sauer, die Fans eigentlich auch, aber wir haben weiter gemacht. Vielleicht hilfts. Wenn nicht bei dem Spiel, dann bei einem anderen.

Leider wars auch keine Werbung für Falke. 4.600 – Rekordkulisse und dann so ein Spiel. Traurig.
Übrigens, die NN zählte nur 2.700 Zuschauer… Langsam frage ich mich echt, wieso da jemand seine Privatfehde gegen uns führt??? Es muss alles madig gemacht werden. Sogar nach so einem Spiel, das an sich keine Werbung für uns war, muss noch die Superlative kommen, um uns noch madiger zu reden. Schade!

Nuja, etz mal sehen, was die Konkurrenz treibt, aber ich ahne schlimmes…

Egal, es gab auch eine gute Nachricht. Habe von Steidl Superangebote für Berlin und Karlsruhe erhalten. Vor allem Berlin ist top. Ein Wochenende in Berlin: 4 Sterne Bus, 4 Sterne Hotel, Eintrittskarte für max. 70 Euro. Das ist unschlagbar. Alleine das Doppelzimmer in diesem Hotel kostet normalerweise 84,90!

Ah ja, der FLUCH ist weg! Habe heute ein Glubbspiel auf Premiere angeschaut und der Glubb hat net verloren, sondern Wolfsburg mit 1-0 nach Hause geschickt. Es ist vorbei! Ich kann wieder Glubbspiele verfolgen, ohne die Angst zu haben, deswegen umgebracht zu werden, weil deswegen der FCN verliert. Allez, allez! Oder zum gestrigen Spiel passender: Jump, jump!

Mitfahren oder nicht mitfahren

Hab jetzt zufällig ein Worddokument gefunden, das ich vergessen habe zu posten... Also hier nachträglich mein Senf zum Spiel in Bonn :-)


Nach einigen überzeugenden Partien, gab’s am Samstag in der Hardtberghölle, die an diesem Tag erst im letzten Viertel ihren Titel auch verdiente, eine Falkeleistung, die bei den clever spielenden Bonnern nicht reichte.

Doch zurück zum Anfang. Schwer erkältet wurde ich überzeugt ähm war’s mein freier Wille nach Bonn mitzufahren. Es war Schicksal, denn keiner der anderen dachte daran CDs mitzunehmen. Also gab es, in Peqscher Tradition zu erst Klassik – diesmal mein Lieblingsballett „Schwanensee“ von Cajkovskij. Dazu und zu meinem Gesundheitszustand passend, 3 Bier. Schließlich war der Tee in einer Thermoskanne und würde später gebraucht. Danach die soulige Stimme von Erykah Badu (übrigens ein Lebensmotto lautet: die Frau, die Erykah Badu kennt, wird geheiratet *g*) und dann feinster politischer Hardcore-Rap von Chuck D.

Hessen und Rheinland-Pfalz habe ich dann irgendwie verschlafen… die Erkältung und das Bier, desto dringender bestand ich auf eine Pause in NRW, auch wenn Bonn in der Nähe war. In Bonn angekommen, erst einmal Heiko, Karim, Ryan und Slawa grüßen, Small-Talk mit Harli und dem Busfahrer und dann für auf die Öffnung der Schulsporthalle warten.

Dort hatte ein Security Angst vor den Druckwellen der Falketrommel, und Bonnerinnen aus der Kurve baten uns doch für 5 Minuten aufzuhören, weil es zu laut wäre. Die Hardtberghölle also. Wie gesagt, zum Ende hin, wurde es so, wie es wohl immer ist.

Zum Spiel: der Anfang war fulminant, es sah fast schon nach einer üblen Klatsche für die Baskets aus Bonn aus, als dann Falke weiterhin unsinnige Würfe (v.a. aus der Distanz von Spieler, von denen man es eigentlich nicht so gewöhnt ist). Dazu kommt der Faktor Wisniewski, gegen die kleine Diva ist einfach kein Kraut gewachsen. Was der einmal wieder (als SG) traf – Wahnsinn und diesmal muss man sagen, dass er gut verteidigt wurde. Zum Schluss lief es nicht mehr so, was man ihm auch ansah und an seinen Stats – trotzdem eine mehr als Beeindruckende Leistung. Insgesamt waren die Bonner cleverer gewesen und konnten, wie im Hinspiel, den 10 Punkte Vorsprung irgendwie konstant halten.

Während des Spiel bekamen wir schon eine erste schlechte Nachricht für uns: Leverkusen gewinnt in Karlsruhe. Harli warnte schon vor der Halle, dass alles viel enger ist, als es aussieht. Die 2 Spiele Vorsprung auf Leverkusen sind eigentlich nur einer. Denn sollten wir daheim mit mehr als 2 gegen Leverkusen verlieren, sind sie vor uns und 2 Stunden später hören wir, dass dieser Vorsprung von einem Spiel weg ist. Nun bleibt’s also weiterhin spannend in der Abstiegsfrage und wahrscheinlich wird alles erst am letzten Spieltag geklärt sein.

Dienstag, Februar 14, 2006

Britischer Bull Terrier und serbischer Sarplaninac

John Sawyer wurde als Bull Terrier nach Pristina und Belgrad vorgeschickt, um die britische, vielleicht auch westliche Haltung bezüglich der Kosovostatusverhandlungen in einer radikalen Art und Weise vorzutragen. Er sollte schocken.

Milosevicstürzer Kostunica dachte sich, dass er das auch könne. Also schickte er den serbischen Sarplaninac Tomislav Nikolic vor.
Denn wer wäre besser geeignet radikale Meinungen zu äußern, als der Vizechef der Serbischen Radikalen Partei. Nikolic trat also vor die Presse und sagte, er habe sich mit dem Premier Kostunica geeinigt, dass seine oppositionelle Partei mit der Partei Kostunicas dafür eintreten im Falle einer (aufgezwungenen) Unabhängigkeit des Kosovo, die Okkupierung dieses Territoriums im Parlament auszurufen.

Bum! Jeder weiß, was das für Folgen hätte und alle jene Experten, die solche Gefahren ignorierten und meinten, man müsse den Serben das Kosovo einfach mit einer EU-Mitgliedschaft o.ä. abkaufen, sollten sich langsam überlegen, ob sie wirklich für ihren Beruf geeignet sind. Denn das Kabinett Kostunicas schwieg anfänglich, bis der nächste Vorstoß kam.

Nachdem die prowestlichen Parteien diese Idee als hirnrissig verworfen hatten, weil man sich nicht mit dem Westen anlegen könne, schließlich habe man nicht die Macht einer Hamas oder Chinas (mehrfacher O-Ton), schickte Kostunica seinen Berater für den Kosovo vor, der meinte, dass Serbien keine aufgezwungene Lösung annehmen werde und sich das Recht vorbehalte alles zurückzuholen, was illegal weggenommen wird. Zudem regte er ein Referendum an, in dem die Bürger Serbiens entscheiden sollten, ob sie ein Stück ihres Territoriums gegen den Willen abgeben möchten.

Das radikale und provokante Getue der Briten hat nun die Fronten in Belgrad verschärft. Zudem meint selbst der ehemalige Außenminister Svilanovic, der im übrigen für eine Unabhängigkeit des Kosovo eintritt, dass westliche Besucher in Belgrad fragen, ob die Radikalen an die Macht kommen könnten und mittlerweile besorgt sind, weil die Frage zum einen mit einem eindeutigen „JA“ beantwortet wird und zum anderen auch gleich gesagt wird, dass man diese Partei nicht mit einem „EU in 7, statt in 15 Jahren“ locken kann, weil es ihr einfach Wurscht ist.

Nikolic selbst weist nur daraufhin, dass selbst die Kirche vergangenes Jahr als erstes von einer möglichen Okkupation sprach und er im juristischen Sinne einfach Recht habe. Eine gedankliche Reaktion auf den Vorstoß Sawyers.

Freitag, Februar 10, 2006

Großmachtpolitik im 21. Jahrhundert

Die Großmächte beziehen diplomatisch ihre Stellungen, aber nicht nur im Irankonflikt, sondern parallel dazu auf dem Balkan.

Nach dem Vorstoß Putins kurz vor Beginn der direkten Statusverhandlungen über den Kosovo, musste nun auch der Westen, aber vor allem die USA in die diplomatische Offensive gehen.

Der ehemalige österreichische Botschafter in Jugoslawien, Chefunterhändler bei den Kosovoverhandlungen von Rambouillet 1999 und ehemalige Hohe Repräsentant in Bosnien-Herzegowina, Wolfgang Petritsch, sagte in einem Interview mit dem Spiegel, dass das Kosovo zwar rechtlich zu Serbien gehöre, Milosevic es aber moralisch verspielt hätte.

Interessant hierbei ist die „Moral“ als relevante Größe in der internationalen Politik und im Völkerrecht – ja im abendländischen Recht schlechthin. Schon 1999 musste die „Moral“ beim Kosovo/Jugoslawienkrieg als Legitimität herhalten, weil das Völkerrecht für den Einsatz nicht ausreichend war.

In Sozialkunde lernt man, dass man mit Bedacht vom Rechtsstaat und nicht vom Gerechtigkeitsstaat spricht. Der Staat und die Gerichte sind für das Recht da und die Kirche und sonstige Institutionen für die Moral. Nicht einmal im demokratisch verfassten Rechtsstaat müssen Recht und Moral übereinstimmen. Um ein Beispiel zu nennen: Promiskuität mag moralisch verwerflich sein, verboten ist sie bei uns nicht.

Aber lassen wir mal die Österreicher…. Viel interessanter ist es, was die Briten und Amis sagen.

Der US-Sondergesandte bei den Statusverhandlungen, Frank Vizner, redete auf die serbische Regierung ein, dass sie der serbischen Öffentlichkeit erklären müsse, dass das Kosovo durch Milosevic und die Radikalen (Serbische Radikale Partei. Zurzeit stärkste Fraktion im Parlament. Während des Kosovokrieges zeitweise Koalitionspartner der Sozialisten (Milosevics Partei) auf Republikebene.) verloren sei und die jetzige Regierung keine Schuld träfe.

Schließlich stehen die USA vor einem Dilemma. Einerseits unterstützte man die albanisch-separatistischen Kräfte im Kosovo mit der Begründung, dass Serbien unter Milosevic keine Demokratie sei, andererseits kann man nun, 5 Jahre nach dem Sturz Milosevics, die Demokraten in Serbien nicht vor den Kopf stoßen, indem das Kosovo nun trotzdem Unabhängig wird.

Denn das demokratische Lager in Serbien ist gespalten und hat mit den Radikalen eine sehr starke nationalistische Bewegung im Rücken. Zudem ist fraglich, wie nach einer Unabhängigkeit des Kosovo und einer Abspaltung Montenegros die Westbindung des Landes noch gerechtfertigt werden könnte. Die Lage in Serbien erinnert sehr stark an die Zeit im Deutschen Reich nach dem Ersten Weltkrieg, weswegen der langsame Rechtsruck, den man zurzeit beobachten kann zu einem sprungartigen werden kann.

Also wird Milosevic aus den alten Schubladen geholt und muss herhalten. Allerdings ist die Frage berechtigt, wieso eben damals 1999, als er noch an der Macht war und er das Kosovo der UN und KFOR übergeben musste, der UN-Sicherheitsrat nicht festgestellt hatte, dass Milosevic das Kosovo verspielt hat?

Nein, damals wurde es in der Resolution 1244 als Bestandteil der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien-Montenegro) definiert und nach dem Umbau des Bundesstaates in die Staatengemeinschaft Serbien-Montenegro noch einmal bestätigt.

Leon Cohen, Berater des serbischen Präsidenten Tadic und Mitglied der serbischen Delegation, stellte diesbezüglich fest, dass der Druck einzelner Mitglieder der Kontaktgruppe auf Serbien, nach dem Vorstoß Russlands, wachsen werde. Er weist darauf hin, dass ein Dilemma für die westliche öffentliche Meinung nicht gelöst worden ist. Soll die Kosovofrage als Teil einer unerledigten Aufgabe 1999 (d.h. die Nato oder die Amerikaner kämpften schon damals für ein unabhängiges Kosovo) oder als ein herkömmlicher politischer Konflikt, der durch das geltende Völkerrecht gelöst werden kann, betrachtet werden.

Anhänger der ersten Theorie stützten sich dann eben auf Milosevic bzw. auf die Macht des Faktischen, nämlich, dass das Kosovo de facto nicht mehr zu Serbien gehöre. Trotzdem solle die serbische Delegation sich nicht beirren lassen, denn wenn dem so wäre, müssten keine Verhandlungen stattfinden. Die KFOR und UNMIK könnten sich einfach zurückziehen und die Staatsgewalt völlig den Kosovoalbanern überlassen.

Eine hitzige Diskussion entfachte aber nicht der Beamte des State Departments, sondern ein Beamter des britischen Foreign Office. John Sawyer sagte bei einem Treffen mit Vertretern der Kosovoserben, dass sie sich damit abfinden sollten, in einem unabhängigen Kosovo zu leben. Später folgte von ihm dann ein halber Rückzieher, aber keine Dementi. Die Reaktionen in Serbien waren Entsetzen pur (egal ob die nationalistische Radikale Partei oder die prowestliche wirtschaftsliberale G17plus, die vom wirtschaftlichen Standpunkt aus eigentlich für eine Loslösung des Kosovo ist).

Schon sickerte aus diplomatischen Kreisen, dass das nicht der erste britische Vorstoß darstelle. Der britische Botschafter David Gowan soll vor kurzem dem serbischen Premier Kostunica übermittelt haben, dass die Kontaktgruppe beschlossen habe, dass das Kosovo unabhängig würde – kurz nach der Erklärung Putins. Die serbischen Kommentatoren fragten sich deswegen, ob Großbritannien die Statusverhandlungen durch solche eine (aggressive) Diplomatie stören und unterminieren wollen.

Wie dem auch sei, der gesamte Rahmen der Statusverhandlungen erinnert an die Großmachtpolitik des 19. Jahrhundert und wer sich etwas mit Geschichte befasst, weiß, dass das nichts Gutes verheißen kann! Spannend bleibt es auf jeden Fall!

Donnerstag, Februar 09, 2006

Das Eigenleben von Symbolen

Seit den satirischen Bildnissen des islamischen Propheten Mohammed in einer dänischen Zeitung vor vier Monaten und einer beispiellosen antiskandinavischen (und antieuropäischen) Kampagne in der islamischen Welt, erleben wir eine hitzige interreligiöse Diskussion über erlaubte Karikaturen.

Die autokratischen Herrscher versuchen sich, mit den islamistischen Bewegungen im Nacken, als Hüter des Glaubens zu profilieren. Die Bilder kennen wir eigentlich schon, nur dass dieses Mal dänische Flaggen von Marokko bis nach Indonesien verbrannt, beschmutzt, skandinavische Vertretung angegriffen und skandinavische Produkte boykottiert werden. Alles, weil eine dänische Zeitung (zugegebenermaßen ein rechtes Schundblatt im liberalen Dänemark) Mohammed (es besteht ein Bildnisverbot im Islam) als Terroristen darstellte.

Man mag über den Geschmack oder Geschmacklosigkeit streiten, aber die Forderungen, dass die dänische Regierung die „Verantwortlichen“ bestrafe müsse, zeigt umgekehrt wenig Ahnung und Respekt von unserer demokratisch-freiheitlichen und rechtsstaatlichen Grundordnung. Paragraph 1 unseres Strafgesetzbuches („Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“) besteht aus zwei solcher Grundsätzen: Nulla poena sine lege certa und Nulla poena sine lege praevia.

In diesem Zusammenhang ist es allerdings interessant, was zeitgleich in einem modernen muslimisch-sunnitischen Staat geschieht, das in die EU möchte, nämlich in der Türkei geschieht.

Schon 2 Millionen Unterschriften wurden für eine Petition gesammelt, in der gefordert wird, dass der ökumenische Patriarch Bartholomäus I. und das Istanbuler/Konstantinopler Patriarchat nach Griechenland übersiedeln müssen. Symbolisch wurde bei einer Demonstration türkischer Nationalisten in Izmir eine Darstellung des ökumenischen Patriarchen in ein Boot gesetzt, das Richtung Griechenland geschickt worden ist.

Wenige in Deutschland wissen, dass mit dem Begriff „nach Griechenland schwimmen“ euphemistisch die ethnische Säuberung 1912-1924 der modernen Türkei von den Griechen gemeint ist. Diese Inszenierung in Izmir bedeutet symbolisch für die Türken und Griechen viel mehr, als der unwissende Beobachter im ersten Augenblick erahnen würde.

Der Hintergrund ist die europäische Integration der Türkei. Türkische Nationalisten befürchten, dass das ökumenische Patriarchat in Istanbul, wie der Vatikan ein Staat im Staat werden könne, vor allem seit die EU die Türkei auffordert die Lage der religiösen und sonstigen Minderheiten zu verbessern. Die Türkei selbst erkennt den ökumenischen Patriarchen, der als Primus inter pares den orthodoxen Kirchen vorsteht, als solchen gar nicht einmal an, sondern nur als Oberhaupt der 2.000-3.000 griechischen Gläubigen in der Türkei. Trotzdem oder gerade deswegen fordert sie, dass jeder Patriarch in Istanbul die türkische Staatsangehörigkeit besitzen muss.

In diesem Zusammenhang sollte die Zerstörung der historischen und größten stehenden Buddhastatuen von Bamiyan aus dem 6. Jahrhundert durch die Taliban 2001 erwähnt werden. Denn im Gegensatz zu der „satirischen Beleidigung einer Religion“, war das ein Akt der „barbarischen Schändung“. Die Buddhastatuen sind weg, Mohammed bleibt. Die Welt war entsetzt über diese Tat einiger Extremisten (die Karikaturen zeichnete auch nicht der gesamte Westen), aber Reaktionen, wie wir sie momentan erleben waren nicht zu verzeichnen.

Verhältnismäßigkeit ist das Stichwort. Erst dachte ich etwas über Toleranz, ein schickes Modewort, zu schreiben. Schließlich verwendet es jeder, aber keiner weiß so genau, was es ist und es passt zum Thema oder Respekt, z.B. Respekt vor anderen Glaubensrichtungen. Nach längerem Überlegen finde ich, dass Toleranz dann doch nicht so gut zum Thema passt. Die einzige Frage wäre, bis zu welchem Grad toleriere ich Angriffe, Beleidigungen, Erniedrigungen oder Schmähungen gegen meinen Glauben. Ich finde es ist das gute Recht eines jeden Muslimen diese Karikatur zu kritisieren, eines jeden (orthodoxen) Christen auf die Missstände in der Türkei hinzuweisen und eines jeden Buddhisten sich über die Zerstörung der Statuen aufzuregen. Die Frage ist also nicht OB, sondern WIE!

Eine Aufregung oder gar Kritik an den Karikaturen ist also okay, aber es legitimiert weder die autokratischen Herrscher antiwestliche Kampagnen zu starten, zum Boykott aufzurufen, Botschaften niederzubrennen, zum xten Mal den Jihad auszurufen…Verhältnismäßigkeit würde aber auch zu den Reaktionen im Westen passen. Musste man demonstrativ die Pressefreiheit nun damit verteidigen, dass jede Zeitung diese Karikaturen nachbilden oder gar neue machen musste?

So toll waren diese Zeichnungen nicht, dass sie es wert wären, so einen Zuspruch zu erhalten

Mittwoch, Februar 08, 2006

Von Verletzungspech, JJ, Tabellen und Post SV

Das Verletzungspech, das die Falken verfolgt macht nun auch nicht mehr vor den Falconeers halt… Nach längerer Erkältung und einer verstauchten/geprellten Hand kommt nun, welch Überraschung wieder eine Erkältung. Deswegen gab’s längere Zeit nichts im Blog. Habe immer wieder angefangen etwas Neues zu schreiben, aber mich dann dazu entschlossen, doch lieber das Bettchen zu hüten.

Und dabei ist wieder so viel passiert. Es wird über Karikaturen gestritten, im Kosovo erlebt die Diplomatie des 19. Jahrhunderts eine Renaissance, genauso wie das Spiel von Falke. Ach, war der Samstag schön. Play-Off-Kandidat Trier aus der Halle geschossen. Zudem gab’s heute ein Wiedersehen mit Julius Jenkins und zwar auf Eurosport 2.

Zu JJ sag ich doch etwas. Bisschen Nostalgie war schon dabei, diese Rastalocken wieder auf einem Spielfeld zu sehen, aber irgendwie war’s doch nicht das, was man kannte oder irgendwie doch kannte. Es war einfach nicht sein Spiel. In der Verteidigung viel zu langsam, zudem blieb er oft in den Blöcken hängen (Schuld seiner Mitspieler) und wirkte irgendwie Fehl am Platz. Wie ein Anfänger. Im Angriff dann etwas, was wir schon kannten – er taucht unter wenn er Verantwortung übernehmen sollte. Er verlangte nicht wirklich den Ball. Irgendwie alles untypisch JJ. Dazu kommt, dass ihn seine Schnelligkeit nichts brachte, da die Israelis flink die Wege zugemacht hatten. Diesen Vorteil konnte er nicht nutzen. Von traumhaften Alley-Hoops will ich gar nicht reden. Symptomatisch war der Schluss – das Spiel war knapp, Horace Jenkins (wie viele Jenkinse gibt’s denn noch???), glaube ich war es, der JJ vernascht hatte. HJ bleibt also einfach stehen, JJ rennt weiter, HJ schießt und trifft. JJ dann mit der Antwort. Er an der 3er-Linie, seine uns vertraute Wurfbewegung und ….. MONSTERBLOCK. Das war’s. Bree war damit draußen.

Schade. Ich denke, dass JJ wohl insgesamt schon besser gespielt hat in Bree, aber das Spiel, das man sehen konnte, leider nicht. Trotzdem hoffe ich, dass er hart an sich arbeitet und man ihn hin und wieder Mal wieder im TV sieht.

Nach dem Trierspiel noch etwas lustiges… Wir spielen ja am Samstag in Bonn und Bonn befindet sich nach einigen seiner Fans in einer Krise. Wer regelmäßig den ARD-Videotext anschaut, weiß wieso:





Wir sind laut der "aktualisierten" Tabelle nun nur neunter. KEIN Play-Off-Platz. Ich hoffe das hat Konsequenzen. So geht das nicht weiter. Wahrscheinlich steht dann unten noch, dass wir 4 Punkte vor einem Nichtabstiegsplatz sind. Nenene…. Ich fordere Konsequenzen!



Dettmann soll Coach werden und die Damen des Post SV, die sich gerade im Aufstiegskampf in die 2. Liga befinden, spielen anstatt der bisherigen Falkemannschaft. ;-)
Zudem wünsche ich mir neue Fans, am besten aus München! *ggg*
Okay, wann ist wieder Fasching?

Ahja, hab heute mal wieder auf Premiere nen Glubbspiel angeschaut und der Glubb verliert.... Ich hoffe, ich werde etz von einer Person net umgebracht, weil ich seit langer Zeit Mal wieder nen Glubbspiel im TV angeschaut habe und der Glubb deswegen verloren hat. ;-)
Das wäre mehr als nur Verletzungspech.

Donnerstag, Februar 02, 2006

Babylonisches Wirrwar im kleinen Land der Schwarzen Berge

Im ehemaligen sozialistischen Jugoslawien gab es ein merkwürdiges Phänomen, das ich so nur noch aus der ehemaligen Tschechoslowakei kenne.

Einer der höchsten Güter in diesen multinationalen Staaten war es, dass jeder seine Nationalität selbst bestimmen und diese auch einfach so ändern konnte. Dies war dann auch der Grund für den Staat des Öfteren Volkszählungen durchzuführen, um zu wissen, aus welchen Nationen und Nationalitäten die Gesamtbevölkerung besteht.

Für die Schüler war es ein Spaß, als sie erklärt bekommen haben, dass sie alleine bestimmen können, welcher Ethnie sie angehören – so ganz nach Lust und Laune. Sowohl die tschechoslowakischen, als auch die jugoslawischen Kinder meinten dann:
„Ach, heute fühle ich mich dann einmal als Eskimo, und du?“.

Jugoslawien hatte aber weitere Besonderheiten. Es gab zum einen neben den traditionellen Nationen, Nationalitäten und Minderheiten, wie Slowenen, Kroaten oder etwa die Serben, die Nation „Jugoslawe“. Nur eine Minderheit bekannte sich zu dieser neu geschaffenen Nation, aber immerhin.

Skurriler war Titos Erfindung der Nation „Musliman“ (Muslim) 1971 vor allem für die bosnischen Muslime. Es wurde nun unterschieden zwischen musliman (kleingeschrieben) für die Religionszugehörigkeit, der eben auch Albaner angehören können und Musliman (großgeschrieben) für die neue Nation.

Vor dieser Reform definierten sich die Muslime eben als Serben oder Kroaten mit muslimischen Glauben.

Während man einen Slowenen, Makedonier oder Angehörigen der albanischen oder ungarischen Minderheit anhand ihrer Sprache erkannte, konnte NUN die große Masse der jugoslawischen Bevölkerung anhand der Religion definiert werden.

Fast alle Katholiken, die serbokroatisch sprachen sahen sich als Kroaten, alle Muslime serbokroatischer Zunge als Muslimani und alle Orthodoxen als Serben oder Montenegriner. Bekannte Ausnahmen bilden z.B. der Literaturnobelpreisträger Ivo Andric, der sich als Serbe sah, obwohl er aus Bosnien stammte und katholische Vorfahren hatte, genauso wie der bekannte Filmregisseur Emir Kusturica, der ursprünglich bosnischer Muslime war. Wie gesagt, sind das allerdings Ausnahmen.

Im Laufe des Bosnienkrieges und vor allem mit Aufkommen des islamischen Terrorismus und Stigmatisierung muslimischer Bewegungen erinnerten sich die Muslime serbokoratischer Zunge an den nicht mehr gebräuchlichen Begriff „Bosniake“. Somit definierten sich viele Muslime (Musliman) als Bosniaken.
Während der „Bosnier“ nun für die Bewohner Bosniens verwendet wird, ganz egal welcher Nationalität sie angehören (Serbe, Kroate, Bosniake/Muslime), bezeichnet man mit „Bosniake“ die slawischen Muslime in Bosnien, Kroatien, Serbien (hier gibt es dazu noch die Goraner. Slawische Muslime im Kosovo mit eigenen Traditionen) und Montenegro.

Somit wäre die Begriffe Muslime und Bosniake geklärt und es geht weiter im jugoslawischen Fleckenteppich.

Nun geht’s um die Montenegriner. Eigenbezeichnung ist Crnogorac (~ Schwarzberger), weil sie die schwarzen Gebirge bewohnen.
Als die Türken im 14. Jahrhundert die serbischen Staaten nacheinander okkupierten, blieb ein Flecken unbesetzt und zwar das sagenhafte Montenegro. Dort etablierte sich im Laufe der Zeit ein patriarchalisches Bischoffsfürstentum.

Von Petar II Petrovic Njegos (der Goethe des Balkans), im 19. Jahrhundert Dichterherrscher über Montenegro stammt der Ausspruch, dass er montenegrinischer Herrscher und serbischer Dichter sei.

Und genau hier gelangen wir nun zur spannenden Frage. Was sind Montenegriner oder wie unterscheiden sie sich von den Serben. Durch die bewahrte Selbstständigkeit kann ein eigener Weg und eigene (vor allem patriarchale) Tradition nicht geleugnet werden. Andererseits bestehen die Montenegriner aus einem guten Dutzend serbischer (oder nun doch montenegrinischer) Stämme.

Bis in die 1990er Jahre konnte man sagen, dass die Montenegriner die besseren Serben waren, wie die Bayern die besseren Deutschen.
Das Parlament des Königreiches Montenegro Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nannte sich „Serbische Versammlung Montenegros“. Auch die Flagge ähnelte damals der serbischen. Es gab eben nur zwei Herrscher und zum Ende des 1. Weltkrieges beschloss das montenegrinische Parlament ihren König abzusetzen und Teil des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen zu werden, das später dann Jugoslawien hieß.

Doch was einmal war, gilt nicht mehr.

Im Zuge der Balkankriege und des System Milosevic etablierte sich ein sehr merkwürdiges System in Montenegro.

Da nennt sich zum Beispiel sowohl die größte Regierungspartei, als auch die größte Oppositionspartei „sozialistisch“. (Demokratische Partei der Sozialisten <-> Sozialistische Volkspartei Montenegros.) Ich muss nicht erwähnen, dass die drittstärkste Partei eine sozialdemokratische ist.

Ein Erbe Milosevics, denn beide Parteien stammen aus einer Parteienspaltung und waren irgendwann mit Milosevic verbündet.

Der momentane Autokrat in Montenegro, Milo Djukanovic, ist ein ehemaliger (und sehr junger) Zögling Milosevics gewesen, der sich von ihm abwendete, als er ihn nicht mehr brauchte und es für seine Machtsicherung besser war, nichts mehr mit dem alten Meister zu tun zu haben. Er hat eben viel gelernt.
Erst war er lange Präsident und da ihm politische Immunität gut tut, er aber laut Verfassung nicht mehr das Amt des Präsidenten bekleiden durfte, wurde er eben Premier und ist weiterhin derjenige der bestimmt, wie was wo passiert. Immunität braucht der immer noch sehr junge Politiker, weil er wohl ziemlich tief in Zigarettenschmuggel verstrickt ist und vor allem die italienischen Staatsanwälte, die ja gerade die schwierigen Maffiafälle lieben, wie hungrige Haie darauf warten ihn in einem italienischen Gerichtssaal zu sehen.

Also führt seitdem der autokratische Herrscher in einem patriarchalen Land eine Bewegung zur Unabhängigkeit des kleinen Balkanstaats, der nur etwas mehr Einwohner hat als Nürnberg.

Am Anfang konnte er sich als Musterdemokrat präsentieren, der sich von Milosevic loslösen möchte. Nun ist das nicht mehr so leicht möglich. Nichtsdestotrotz führt er seinen Kurs weiter fort und in diesem Frühjahr soll ein Referendum über das Schicksal des Bergstaates entscheiden. Hier zu wird es mehr geben, wenn das Referendum näher rückt, denn die Kampagnen sind mehr als interessant.

Kommen wir aber zum Thema Nationalitäten zurück und schauen uns die letzte Volkszählung in Montenegro aus dem Jahre 2003 an:

Montenegriner: 267.669 (43,16%)
Serben: 198.414 (31,99%)
Bosniaken: 48.184 (7,77%)
Albaner: 31.163 (5,03%)
Slawische Muslime: 24.625 (3,97%)
Kroaten: 6.811 (1,10%)
Roma und Sinti: 2.601 (0,42%)

Interessant hierbei ist, dass sich im Unterschied zu den vorherigen Volkszählungen so viele orthodoxe Montenegriner als Serben bezeichnet haben. Dies sollte eher als politische Demonstration und weniger als Beweis der ethnischen Zugehörigkeit gewertet werden. Der montenegrinische Korpus ist als geteilt in „Montenegriner“ und „Serben“. In diesem Zusammenhang ist es interessant, was die Befragten angaben, welches ihre Muttersprache sei: in der Volkszählung von 2003 gaben 59,67% der Bevölkerung Serbisch und 21,53% Montenegrinisch als ihre Muttersprache an.

Weitaus interessanter finde ich allerdings das Phänomen, dass prozentual viele Muslime in Montenegro sich auch weiterhin als „Muslime“ und nicht als „Bosniaken“ deklarieren. Mich hat das überrascht, als ich das heute in einer Zeitung las, weil der Trend auf dem Balkan doch zum Bosniakentum hingeht.

Weit aus interessanter fand ich allerdings, dass auch der slawisch-muslimische Korpus in Montenegro geteilt ist, wie der montenegrinische. Die „Muslime“ sehen sich als Montenegriner und Muslime in persona und akzeptieren deshalb den Begriff „Bosniake“ nicht. Ihre Nationalität ist also Montenegrinisch und sie sind in der Mehrheit, wie die „Montenegriner“ für die Unabhängigkeit.
Die „Bosniaken“ sehen sich hingegen nur als Minderheit in Montenegro. Zudem befürchten sie, dass sie durch eine Unabhängigkeit von ihren bosniakischen Brüdern in Serbien (Grenzregion Sandzak zu Montenegro und Bosnien) getrennt wären und sind mehrheitlich, wie die „Serben“ Montenegros gegen eine Abspaltung.

Da es sich hier mehr um politische, als um ethnische Begriffe handelt, habe ich diese in Klammern gesetzt. Ich hoffe es hat irgendjemand nur halbwegs durchgeblickt. ;-)
Für mich war der Teil mit den Muslimen in Montenegro neu und ich musste es irgendwie loswerden…

Funktionäre und Basketball

Die Schmach war unvorstellbar.
Als achtmaliger Europameister und fünffacher Weltmeister schafften es die Serben im eigenen Land nicht unter die besten acht europäischen Mannschaften zu gelangen. Zeljko Obradovic musste endlich als Coach gehen. Denn die Bilanz nach Svetislav Pesics Abgang sah nicht gut aus. 2003 - Blamage bei der EM in Schweden, dann übernahm der serbische Dettman, Zeljko Obradovic, das Ruder. Es folgten die noch größere Blamage bei der Olympiade in Griechenland 2004 und die Schmach von Novi Sad (Die Mannschaft durfte nicht einmal in der neuen Belgrader Arena spielen.) 2005. Der serbische Detti übernahm die Verantwortung und ging.

Die FIBA erbarmte sich der Serben und neben Puerto Rico oder Südkorea bekam auch Serbien eine Wildcard für die WM 2006 in Japan. Ist irgendwie sowohl für die Veranstaltung, als auch die Mannschaft peinlich, wenn der amtierende Weltmeister nicht seinen Titel verteidigen kann, weil er gar nicht teilnimmt an der WM.

Und als ob der Basketballbund Serbien-Montenegros auf mich hörte und erkannte, dass, wenn man drei Weltmeisterschaften hintereinander und den Titel verteidigen möchte, man einen erfahrenen und guten Coach braucht. Und man erinnerte sich wieder an Svetislav Pesic.

Die Bilanz Pesics sieht gut aus:
der einzige Coach, der mit zwei verschiedenen Nationalmannschaften Europameister (1993 mit Deutschland, 2001 mit Serbien) geworden ist,
einmal Weltmeister (2002 mit Serbien),
4 deutsche Meisterschaften mit Alba Berlin (1997-2000),
1 Mal Korac-Kup mit Alba (1995),
und 2003 mit dem FC Barcelona den spanischen Pokal, die spanische Meisterschaft und die Europaliga gewann.

Momentan trainiert er bei Lottomatica Rom und zeigte die Bereitschaft den Trainerposten in Serbien wieder zu übernehmen. Es wäre wieder eine Herausforderung für diesen Ausnahmecoach. Soweit so gut, alles sieht danach aus, als ob er nur noch unterschreiben müsste und nu? Er sagt auf einmal ab – per Telefon. Ein neuer Coach ist auch da, mit Dragan Sakota vom Roten Stern Belgrad. Hm, ein typischer Balkancoach: erst in Kroatien tätig, dann lange in Griechenland (auch unter dem serbischen Detti) und nun bei Roter Stern. 2002 ist er griechischer Meister mit AEK geworden und 1991 gewann er den EuropaCup mit PAOK.

Meine Vermutung, dass etwas im Basketballbund nicht stimmt und Pesic wohl deshalb abgesagt hat, verdichtet sich.
Die Basketballlegende Zeljko Paspalj wunderte sich, dass die Wahl des Trainers bzw. die Kommunikation an sich im Basketballbund per Fax, Mails und Telefon von statten geht, anstatt bei so einer wichtigen Frage sich zu treffen und vor Ort zu regeln.
Auch der langjährige ehemalige FIBA-Generalsekretär Borislav Stankovic äußerte die Befürchtung, dass der Basketballbund mit dieser Praxis das Land und die FIBA beschämen wird. Man habe weder mit Pesic, noch jetzt mit Sakota gesprochen, noch ihre Programme angeschaut. Es ist nicht einmal klar, ob Sakota, wenn er den Posten als Nationaltrainer übernehmen sollte, auch weiterhin Coach bei Roter Stern bleiben kann.

Ich glaube die nächste große Blamage bei einem großen Turnier für ein Land mit großer Basketballtradition steht bevor.

Mittwoch, Februar 01, 2006

Kosovo sagen, Kaukasus denken

Es verdient Beachtung, wenn der russische Präsident innerhalb sehr kurzer Zeit öffentlich zum Thema Kosovo mehrmals Stellung bezieht. Nachdem er seinen Außenminister angewiesen hatte, welche Position Russland in der Balkankontaktgruppe einzunehmen hat, ging er gestern bei der Jahrespressekonferenz unter anderem auch wieder auf dieses Thema ein.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Fragesteller nicht vom Balkan, sondern aus dem Kaukasus, genauer aus Georgien (das mit Abchasien, Südossetien und Adscharien gleich drei abtrünnige Regionen hat, die von Russland unterstützt werden oder wurden) kommt.
Nutsubidse wies auf die Stellungsnahmen Putins zum Kosovo hin und fragte, ob dies bedeute, dass Russland, im Falle einer Anerkennung des Kosovo, genauso im postsowjetischen Raum verfahren und z.B. Abchasien und Südossetien (einseitig) anerkennen würde.

Als erstes wies Putin daraufhin, dass die Grundlage für den endgültigen Kosovostatus auf der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates (interessant ist die gute Vorbereitung Putins) basieren müsse, in der festgeschrieben worden ist, dass das Kosovo Bestandteil des jugoslawischen (mittlerweile serbisch-montenegrinischen) Staatenbundes sei. Denn Resolutionen des Sicherheitsrates seien da, um befolgt zu werden.

Als zweites wies er daraufhin, dass internationale Prinzipien universellen Charakter haben müssten und führte das Beispiel Mazedonien auf. Dort hätte der Westen erreicht, dass die Albaner, die 20% der Gesamtbevölkerung ausmachen, in allen wichtigen Institutionen in dieser Anzahl vertreten sein müssen. Er fragte, wieso dann diese Prinzipien nicht auch für die Russen, die 60% der Bevölkerung im lettischen Riga (immerhin Teil der EU) ausmachen, gelten.

Zum Schluss wies er daraufhin, dass im Falle einer Selbstständigkeit des Kosovo niemand den Abchasen oder Südosseten verbieten könnte auch Unabhängig zu werden. Es gäbe eben Einzelfälle, in denen Staaten, wie die Türkei, abtrünnige Regionen, wie das türkisch dominierte und besetzte Nordzypern einseitig anerkannten. Dies hieße zwar nicht, dass Russland genauso handeln würde. Aber gerade deswegen bräuchte man auf internationaler Ebene Lösungen universellen Charakters.



Interessantes hört man auch aus London, wo die Balkankontaktgruppe tagte. Der Westen soll schon vor dem Treffen versucht haben Russland zu überreden. Durch die Rede Putins, die vor allem eben in die Richtung Washingtons gerichtet war, war dieses Unterfangen unmöglich geworden. Zudem deutete Putin an, dass durch diesen Dominoeffekt, die Macht Russland im postsowjetischen Gebiet steigen würde.

Der UN-Sondergesandte für die Statusverhandlungen und ehemalige finnische Präsident Martti Ahtisaari forderte vor der Rede auf, Druck auf Russland auszuüben. Schließlich ist die Lösung des Think Tank International Crisis Group, dem auch Ahtisaari gehört eine „bedingte Unabhängigkeit“ des Kosovo.

Der Westen verschätzte sich wohl insgesamt mit der Lage in Russland. Als der Kreml bekannt gab, dass es eine Verlautbarung bezüglich des Kosovo geben werde, rechnete man mit einer routinemäßigen Rede. Desto überraschter scheint man gewesen zu sein, als Putin höchst persönlich auftrat und worüber er sprach.

Die Bush-Administration geht allerdings weiterhin davon aus, dass Russland sich nicht vor Auswirkungen der Statusverhandlungen auf Tschetschenien fürchtet, sondern viel mehr einfach nicht gegen die Serben sein will und erwartet, dass der Kreml letztendlich doch den westlichen Lösungsvorschlag mittragen werde.

Ein Problem ist allerdings jetzt, vor Verhandlungsbeginn, sichtbar.

Ahtisaari behaart darauf die Gespräche innerhalb eines Jahres zu beenden.
Die Verhandlungstaktik der USA scheint allerdings zu sein, die Gespräche langsam zu führen, um die Serben nicht unnötig zu provozieren. Erst solle über die Dezentralisierung des Kosovo gesprochen werden, wo man eher den Serben entgegenkommt, um dann im fortlaufenden Stadium die Unabhängigkeit des Kosovo auszuhandeln, was den Vorstellungen der Kosovoalbaner entspricht.

Nun wird allerdings befürchtet, dass Ahtisaari die Statusfrage früher auf den Verhandlungstisch bringt und die Serben eventuell dazu veranlasst den Verhandlungstisch früh zu verlassen.

Die Gründe sind zum einen, dass die Strategie der Amerikaner die Verhandlungsdauer verlängert. Zum anderen ist es nun nach der Aussage Putins klar, dass die Verhandlungen nicht in Ahtisaaris Büro in Wien, sondern in den Hauptstädte der Großmächte geführt werden.

Konstantin Zalutin, Direktor des Instituts für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten meint, dass in den USA alles für eine Unabhängigkeit des Kosovo vorbereitet worden ist. Wenn man die Meinungen westlicher Beobachter betrachtet, die einhellig von einer Unabhängigkeit ausgehen, kann man Zalutins Einschätzung teilen.

Russland musste also nach seiner Aussage ein Junktim zwischen dem Kosovo und den Gebiet der ehemaligen Sowjetunion schaffen, um Verhandlungsspielraum zu erhalten. Putins Clou war hingegen weniger die russische Angst zu schüren, dass man Tschetschenien verlieren könnte, sondern aufzuzeigen, dass Russlands Macht im „Nahen Ausland“ steigen könnte.
Somit richtete sich seine Rede nicht ans In- sondern ans Ausland. Schließlich hätten die USA und seine Verbündeten von Baltikum bis zum Kaukasus etwas dagegen, wenn Russlands Einfluss in diesen Regionen enorm steigen könnte.

Zu guter Letzt stellt Zalutin fest, dass Russland enorm im Ansehen der Serben fallen würde, sollten es die Unabhängigkeit des Kosovo unterstützen. Der Kosovo ist für die Serben das „Heilige Land“ (ich werde demnächst einmal etwas über den Kosovomythos schreiben) und der Verlust wäre nur durch mythischen Verrat möglich, wie eben im Kosovomythos beschrieben.


So langsam aber sicher scheinen die Dimensionen der Kosovoverhandlungen sichtbarer zu werden und zeigen, dass es wohl viel spannender und komplizierter wird, als von westlichen Experten dargestellt.