Samstag, März 28, 2009

Body Count

Leicht werden Angelegenheiten des Krieges Streitpunkte in der Nachkriegsordnung - so zum Beispiel die Opferzahlen des letzten Gazakrieges. Nicht nur über die Anzahl der Toten kann man streiten, nein auch über deren Kategorisierung und wie diese stattzufinden hat, z.B. was ist ein Zivilist.

Hierzu ein interessanter Artikel in der Süddeutschen Zeitung

Die Zahlen

Palästinensische Angaben:

Tote insgesamt: 1417
Zivilisten: 926
Militante Gruppen: 236
Hamas-Polizei: 255

Unter 18 Jahre: 313
Frauen: 116
Männer: 1301

Israelische Angaben:

Tote insgesamt: 1166
Militant/Terroristen: 709
Zivilisten: 295

Unter 16 Jahre: 89
Frauen: 49
Männer: 1117

Gestitten wird also nicht nur über die jeweilige Anzahl, sondern auch über Definitionssache. Für die palästinensische Seite muss man bei der Hamas differenzieren, zwischen bewaffnete und zivilie Flügel und Organisationen. Für die isralische Seite handelt es sich jeweils um "im Terror verstrickte" Personen.

Drei Anmerkungen meinerseits:

1.) Mir fällt auf, dass in beiden Angaben überpropotional sehr viele Männer getötet worden sind. Wenn ich mich an die Berichtserstattung aus jener Zeit erinnere, kommen mir Bilder von verwundeten und getöteten Kindern, Frauen und alten Menschen in Kopf!

2.) Gestern wies ich ja daraufhin, dass Ereignisse aus der Kriegszeit Gründe für einen neuen Krieg liefern können. Hier ein kleines Beispiel dazu. Es wird gestritten, gehasst und das Feindbild bleibt erhalten.

3.) Jeder Toter ist ein Toter zuviel. Er sollte keinen Grund für einen neuen Streit geben.

Freitag, März 27, 2009

Wechsel der Rechtszustände - Wie aus Krieg Frieden werden kann

Gestern konnte der Kenner des gewitzten Wortes einen schönen, humoristischen Beitrag auf den Seiten der Süddeutschen Zeitung lesen. Nicolas Richter macht sich in seiner zweideutigen Überschrift "Angst vorm Fliegen" lustig über die neuen Reisemöglichkeiten des sudanesischen Präsidenten al-Baschirs.

Al-Baschir ist nicht nur Präsident des Sudans. Er ist tragende Figur in einem Bürgerkrieg in einer sudanesischen Provinz, namens Darfur und seit neuestem in diesem Zusammenhang das erste Staatsoberhaupt, das vorm Internationalen Strafgerichtshof angeklagt worden ist.

Nur am Rande, damit keine Verwechsungsgefahren bei den vielen Gerichten in Den Haag entstehen. Erster Staatsoberhaupt, das angeklagt worden ist, ist meines wissens Slobodan Milosevic zuzeit des Kosovokrieges und zwar vorm "Kriegsverbrechertribunal" in Den Haag, offiziel "Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien", ein ad hoc Tribunal.

Wie dem auch sei, al-Baschir ist nun Angeklagter und muss fürchten bei einer Staatsvisite verhaftet und nach Den Haag gebracht zu werden. Al-Baschir wollte nun protzen und besuchte demonstrativ Eritrea und Ägypten. Ein Grund für Nicolas Richter von der SZ darauf hinzuweisen, dass es aber sehr gefährlich werden könnte für ihn, also den sudanesischen Präsidenten. Es könnte ja sein, dass ihm Staaten das Überflugrecht verbieten oder dass er von Jets abgefagen wird (über internationale Gewässer) und dann nach Den Haag weiterreisen kann.
Ein Artikel als Reaktion auf die gezeigte Gleichgültigkeit bei al-Baschir.

Der Leser bekommt so ein Gefühl: "Das geschieht ihm recht!" "Der will es uns allen zeigen, indem er jetzt rumreist, aber der wird schon noch sehen".

Reiseschwierigkeiten als gerechte Strafe für potentielle Kriegsverbrecher. So schmeckt Gerechtigkeit! Das wollte uns Richter wohl sagen (ist der Name eigentlich ein satirischer Künstlername?)

Machen wir einen Sprung ins Jahr 1648. In Osnabrück und Münster wurde lange verhandelt um den 30jährigen Krieg zu beenden. In die Geschichte ging dieser erste moderne Friedensvertrag als Westfälischer Frieden ein.

Die Menschen damals hatten sich, wie auch die Menschen danach und heute überlegt, wie man aus dem Rechtszustand des Krieges in den Rechtszustand des Friedens wechseln könne und wie dieser zweiter Zustand Gültigkeit bewahren kann.

Ohne auf die Einzelheiten der Friedensverträge von 1648 einzugehen, weise ich auf einen zentralen Faktor hin. Amnestie. Ein beiderseits immerwährendes Vergessen und Amnestie sollte die Nachkriegsordnung nicht dergestallt belasten, dass die vergangene Kriegszeit Vorwände zum Beenden der Friedensordnung liefern. Den Diplomaten jener Zeit war bewusst, dass eine Schwachstelle der Friedenszeit, Ansprüche aus der Kriegszeit, sein können.

Im Völkerrecht hatten wir hier viele Wandlungen erlebt, z.B. die Kollektivschuld oder der Versuch die Individualschuld zu ahnden. Moralisch ist die Entwicklung des Völkerrechts zum innerstaatlichen Strafrecht zu begrüßen.

Es tauchen aber Schwierigkeiten auf.

- Das Wesen und der Rechtscharakter des Völkerrechts unterscheideen sich stark von allen anderen Rechtsgebieten.

- Zudem noch ein kleines Gedankenspiel:

Den verfeindeten Parteien ist nach dem Westfälischen Amnestieprinzip immer ein Weg zu Friedensverhandlungen und zum Frieden geöffnet! (anzumerken ist, dass allerdings die Hemmschwelle für einen Krieg fallen kann).

Ein angeklagter Potentat der Neuzeit steht mit einer Anklage mit dem Rücken zur Wand. Um sich zu sichern, kann er keinem Frieden zustimmen - und wer will mit einem angeklagten und somit potentiellen Kriegsverbrecher verhandeln, ihm die Hand reichen und schütteln und einen Vertrag unterzeichnen.

Das westfälische Modell hat eben eine politisch-pragmatische Seite für solch ausweglose Pattsituationen, auch wenn es moralisch bitter schmeckt.

Zurück ins Jahr 2009.

al-Baschir wurde angeklagt. Der Brügerkrieg hält an. Was ist die Lösung, rein pragmatisch? Einmaschieren? Verhandeln ginge ja nicht.

Ein Schelm, der hier an die Bodenschätze (Sehr große Erdölvorkommen - der große Teil der Ölfelder ist noch nicht erschlossen, nicht einmal Konzessionen wurden verteilt) denkt.

Das ist allein die pragmatische Seite.

Doch was ist mit dem Völkerrecht? Geahndet werden vorm IStGH nur Täter, die einem Land angehören, das die Statuten des Gerichtshofs ratifiziert hat oder seine Taten in solch einem Land begeht.

Wir erinnern uns an den ehemaligen Präsident G.W.B. Weil weder die USA, noch der angegriffene Irak die Statuten ratifiziert haben, konnte er sich sicher fühlen.

Der Sudan hat die Statuten auch nie ratifiziert und Darfur gehört völkerrechtlich zum Sudan.

Wieso wurde er angeklagt und wieso kümmert das niemanden in unserer Medienlandschaft?

Weil er potentieller Völkermörder ist? Deswegen darf man das Recht verbiegen? Deswegen hat er keine Rechte mehr? Das ist nicht europäisch-abendländische Rechtstradition. Jeder ist solange unschuldig, bis ihm die Schuld bewiesen worden ist und ohne geschriebens Recht keine Strafe. Der Gerichtshof hat keine Zuständigkeiten über den Sudan. Egal, wie uns das gefällt oder missfällt.

Ich will al-Baschir weder verteidigen, noch anklagen (solche Statements sind in der politisch korrekten Welt mittlerweile notwenig, damit jeder sich auf die grundsätzlichen Argumente konzentriert und nicht Nebenkriegsplätze eröffnet). Allerdings wundere ich mich wegen unserer Medienlandschaft. Neben den ewigen Bösewichten aus dem Osten äußerte sich auch der UN-Generalsekretär, Ban Ki-Moon, äußerst besogt.

Wieso sich die arabische welt solidarisch mit al-Baschir erklärt ist auch klar. Ein Bush, den man nicht anklagen konnte, wurde nicht angeklat, ein al-Baschir, den man nicht anklagen konnte, wurde angeklagt.

Aber wir reden schadenfroh über die Angst vorm Fliegen!

Dienstag, März 24, 2009

Verhältnismäßigkeit

Genau 10 Jahre ist es her, als die größte Militäralianz aller Zeiten, mit Luftangriffen auf Serbien begann. 78 Tage lang dauerten sie.

Vorher, währenddessen und heute wurde darüber sehr kontrovers diskutiert. Wie wir seit dem letzten Beitrag wissen, gibt es keine "one world" und somit Unterschiedliche Ansichtweisen zu diesem Konflikt.

Anders, als man es uns hier 1999 hat glauben lassen wollen, war diese Trennlinie nicht zwischen Serbien, Russland, China auf der einen Seite und der "internationalen Staatengemeinschaft" auf der anderen. Die Trennlinie ging kreuz-und quer. Ich weiße z.B. auf den Brigadegeneral a.D. Heinz Loquai, der vor den Kampfhandlungen 1999 im Kosovo als Bundeswehrsoldat war und eine andere Sichtweise hat, als seine damalige Bundesregierung.

Heute können wir definitiv konstantieren, dass das Propaganda war - also wieviele Meinungen es gibt, welche es gibt und wie diese aussehen.

Das ändert aber nichts an der Beurteilung zum Krieg itself.

10 Jahre danach und es ist klar, dass nichts klar ist.

Der Kosovo hat sich für unabhängig erklärt - die Staaten, die damals Serbien bombardierten hatten, haben zum größten Teil den Kosovo anerkannt. Einige Staaten schlossen sich diesem Bund an. Der Großteil bleibt ablehndend, wie 1999.

In einem Blogartikel so einen Konflikt zu beschreiben und analysieren erscheint mir als unmöglich, dennoch muss man einige Dinge Revue passieren lassen, ohne bei Adam und Eva anzufangen. Also fange ich nicht bei Tito oder dem osmanischen Reich an und lasse viele Aspekte und Faktoren aus, wie Wirtschaft oder Demographie, die eine wichtige Rolle in diesem Konflikt spielen.

Ende der 90er berichteten serbische/jugoslawische Medien des Öfteren von einer terroristischen Untergrundgruppe der Kosovoalbaner, namens "UCK"- die Kosovo Befreiungsarmee und Razzien gegen diese. Wie viele westlichen Medien hielt ich das für Propaganda Milosevics.

Danach kamen Berichte über Angriffe auf Flüchtlingslager (serbische Flüchtlinge aus Kroatien) oder auf Roma-Siedlungen. Hier wurde darüber nicht berichtet. (Hätte man es getan, wäre das Argument nach dem Krieg, dass die Roma oder Juden Ziele des albanischen Hasses sind, weil diese während des Kosovokrieges die Serben unterstützt hatten, haltlos geworden).

Der Weg Ibrahim Rugovas, bis dahin zweifellos charismatischte Führer der Kosovoalbaner, wurde verlassen. Der Weg, der durch gewaltfreien Widerstandes und massiven Geburtenanstiegs (Die Einwohnerzahl des Kosovo hat sich von 1981 zu 1999 verdoppelt! Mehr als die Hälfte der Bevölkerung heute ist jünger als 25 Jahre, d.h. es gab diese Menschen vor 1984 nicht.) den Kosovo in die Unabhängigkeit von Serbien führen sollte. Es war die Zeit der UCK gekommen.

Der UCK, die von den USA offiziell so eingestuft worden ist:

In 1998, the U.S. State Department listed the KLA as a terrorist organization. President Bill Clinton's special envoy to the Balkans, Robert Gelbard, described the KLA as, "without any questions, a terrorist group." KLA is also present in the MIPT Terrorism Knowledge Baselist of terrorist groups, and is listed as a terrorist organization by the National Consortium for the Study of Terrorism and Responses from the Homeland Security.

Quelle: Wikipedia

Der Konflikt zwischen den serbischen Polizeikräften und der UCK spitzte sich 1998 zu. Das war auch das Jahr, in dem die NATO begann eine risige Flugzeugarmada um das Mittelmeer zu stationieren. Es war auch das Jahr in dem mir keiner glaubte, dass die NATO ihre Flugzeuge einsetzen wird. Übrigens ist das auch einer der Gründe für diese Blog. Ich sagte nämlich 1998 dass es einen Zwischenfall geben wird und danach ein Ultimatum an Milosevic. Es kam so. Und deswegen der Blog. Es war auch das Jahr, in dem Blair und Clinton immer wieder Husseins Irak bombardiert hatten. Daran erinnert man sich nicht. Aber keiner hat wirklich protestiert. Wer wollte schon Hussein verteidigen. Auf jeden Fall - niemand setzt so eine gigantische Militärmaschinerie in Gang und benutzt sie nicht. Frei nach dem Film "Kurz und Schmerzlos" von Fatih Akin: "Du hast einen Döner in der Hand, du isst ihn. Du hast eine Blondine im Bett, du ***** sie. Du hast eine Knarre in der Hand, du benutzt sie!"

Es folgten im Januar - März 1999 Verhandlungen in Rambouillet. Und es gab von Frau Albright, Außenministerin der USA, eine klare Anweisung: Falls Serbien/Jugoslawien diesen vorgefertigten Vertrag nicht unterzeichnet, fliegen die Bomber los. Falls die Albaner es nicht tun - da kann man eben nichts machen.

Der Vertrag hatten einen politischen und militärischen Part.
Kurz gesagt:
Politisch: Weitgehende Autonomie der Kosovoalbaner in Serbien bzw. des Kosovo in Serbien
Militärisch: Sicherung des Vetrages durch eine natogeführte Friedenstruppe.

Die Kosovoalbaner wollten den militärischen Teil akzeptieren, die Serben den politischen. Beim militärischen hatte die serbische Führung ein Problem: und zwar nicht die Stationierung, sondern die Immunität der NATO-Soldaten in ganz Serbien (nicht nur Kosovo) und die Möglichkeit Serbien "umherzumaschieren und stationieren", wie es dem Bündnis gerade recht war.

Beide Parteien akzeptierten den Vertrag nicht, trotz des Angebot von Frau Albright an die Kosovoalbaner.

Es wurde beschlossen noch einmal zu verhandelnd und die Kosovoalbaner zu überzeugen, dass die Serben den Vertrag niemals unterzeichnen werden und sie keine Angst wegen des politischen Parts haben müssen. Der Vertrag wurde schließlich unterzeichnet, wobei der russische Unterhändler aus Protest dieser Zeremonie fernblieb.

Es gab also das Ultimatum an Serbien: Friss oder stirb. Milosevic hatte sich fürs Letztere entschieden. Über die Abwendung einer humanitären Katastrophe (massenhafte Flucht / Vertreibung der Bewohner des Kosovo. Ethnisch war die Zusammensetzung der Flüchtlinge / Vertriebene, wie die ethnische Zusammensetzung im Kosovo.) war damals nicht die Rede. Das kam erst, nachdem die ersten Bomben fielen und Tage später die ersten Flüchtlinge an der Grenze zu Makedonien oder Albanien auftauchten. Der erste Kommentar eines Journalisten, den ich damals gehört hatte, war, dass Milosevic damit einmal mehr die Welt vorführen möchte: nach dem Motto - ihr bombt, also werde ich vertreiben. Erst dann fiel einigen PR-Leuten auf, dass das ein besserer Grund zum bomben ist, als ein Nichtunterschriebenes Stück Papier.

Militärisch gesehen wurde sehr durch das Bombardement wenig erreicht, vor allem im Kosovo. Ich glaube nur etwas mehr als ein Dutzend Panzer wurden dadurch unschädlich gemacht.

Aufgrund mangelnder nichtbeweglicher militärischer Ziele änderte die NATO ihre Taktik. Den Brgiff "militärisches Ziel" kann man weit fassen.

Schulen, Klöster, Kirchen, TV-Sender, Fabriken, Energiewerke, Kliniken, chinesische Botschaften und Brücken - alles waren potentielle militärische Einrichtungen und somit Ziele. Auch wenn diese am anderen Ende Serbiens waren und von der Opposition regiert worden sind.
Es wurden mehr Bomben abgeworfen, als in den Jahren 1941-45 in Ganzjugoslawien. Das Wort Kollateralschaden ging Dank Jamie Shea in unseren Wortschatz ein.

Nach 78 Tage fand die Aktion ein Ende.

FAZIT:

Nato:
+ jugoslawischer und serbischer Truppenrückzug der Armee und der Polizei
+ Einrichtung einer Natoschutztruppe: KFOR
- Alles unter Aufsicht der UN und der Mission: UNMIK
- Kosovo laut UN-Resolution 1244 Bestandteil Jugoslawiens

Serbien:
+ Alles unter Dach des UN-Sicherheitsrates und der UNMIK
+ Kosovo de jure Bestandteil Serbiens
+ Rückkehr von 999 jugoslawischer Soldaten nach einigen Jahren.
- Juristisch vorläufiger Abzug der eigenen Autorität

Die Luftangriffe, die ohne jegliche Genehmigung der einzigen Autorität, die das jetzige Völkerrecht kennt, die solche Handlungen erlauben kann, endeten durch diese Autorität mit der UN-Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates.

Jugoslawien unter Milosevic ging damals vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Dieser weiste die Klage mit der Begründung ab, dass die Bundesrepublik Jugoslawien zum Zeitpunkt der Angriffe kein Mitglied der UN war und somit die anderen nicht anklagen könne. Der Gerichtshof meinte allerdings weiter, dass die Frage grundsätzlich mehr als interessant wäre.

In den 10 Jahren danach wurden mehr als 250.000 Nichtalbaner aus dem Kosovo vertrieben - er ab keine Intervention.
In den 10 Jahren kam es zu einigen Progromen gegen v.a. die serbisch-slawische, jüdische (Prisitna ist "judenfrei") und Romabevölkerung - ohne Intervention.
In den 10 Jahren wurden mehr als 100 serbischer Kirchen und Klöster zerstört, sehr viele von ihnen Teil des UNESCO-Weltkulturerbes - keine Intervention.
In den 10 Jahren leben Nichtalbaner in Ghettos - beschützt dirch Stacheldraht und Natosoldaten und fahren gepanzert und bewacht zu ihren Schulen oder Gräbern - keine Intervention.
In den 10 Jahren ...
... hat sich das Kosovo für unabhängig erklärt und die Staaten, die damals auf Seiten der UCK kämpften, haben für diese Unabhängigkeit in den letzten 10 Jahren politisch gekämpft.


Heute vor 10 Jahren begann also der Krieg zwischen der NATO und Jugoslawien.

Und seit 10 Jahren wird darüber diskutiert:

Über das Völkerrecht, über humanitäre Interventionen, über Genozide, über Verschwörungstheorien.

Es wird juristisch diskutiert, moralisch, politisch, militärisch und historisch und jeweils mit anderen Agrumenten.

Da all diese Argumente bekannt sind werfe ich ein neues in die Runde. So neu ist es nicht. Wir kennen es aus einem anderen Zusammenhang. Nämlich wenn es um die Intensität der serbischen Kräfte im Kosovo ging oder der russischen in Südosstien.

Es geht um die Verhältnismäßigkeit!

Die Verhältnismäßigkeit der angewandten Mittel.

Es ist immer wertvoll über die Verhältnismäßigkeit auch und vor allem der eigenen Mittel nachzudenken!

Sonntag, März 22, 2009

One world?

Neulich habe ich wieder Maischberger angeschaut.

Zugast waren Peter Scholl-Latour, Michel Friedman und Ulrich Wickert. Thema war - unwichtig, weil nicht erkennbar. Über den Papst, die Piusbruderschaft und den Antisemitismus in der katholischen Kirche über die Konflikte in Nahost, Afghanistan und den verschiedenen Tribunalen und Gerichten in Den Haag und über die internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise gingen die Diskussionen. Man kann sich die Tiefe nur erahnen.

Auf jeden Fall wurde hier eben über einen Boykott der UN-Menschenrechtskonferenz gesprochen und darüber, dass die Zusammensetzung des UN-Menschenrechtsrates eine Schande und undemokratisch sei. Um jeden Zweifel beim mitdenkenden Zuschauer zu beseitigen, wird erwähnt, dass die internationale Staatengemeinschaft hier nicht tatenlos zu schauen kann (Scholl-Latour fragt in diesem Zusammenhang, was die internationale Staatengemeinschaft sei) und dass in mehr als 70% der Staaten der Welt skrupellose Diktatoren das Sagen haben, und sie die Menschenrechte mit Füßen treten. Deswegen hätte die Zusammensetzung anders aussehen müssen:

Eine Kommission der Staaten, die demokratisch sind und die Menschenrechte achten, entscheiden, wer in den UN-Menschenrechtsrat gehört und wer nicht.

Da ich den Leser der Peqschen Ecke schätze, werde ich dieses Statement nicht kommentieren, weil er/sie es sich selbst denken wird, was sich Peq dabei dachte...

Auf jeden Fall war es wieder da. Das eine Wort. Über das hier so viel geschrieben worden ist. Internationale Staatengemeinschaft. Lang, lang ist es her, als ich darüber schrieb und über das Kosovo. Und viel, viel ist passiert seitdem.

Ich schrieb damals darüber, dass es diese Gemeinschaft so, wie sie hier dargestellt worden ist, nicht gab. Ich schrieb auch darüber, welche Rolle Rußland in diesem Konflikt einnehmen werde, als es noch hieß, Moskau pokere nur. Und ich schrieb, welche möglichen Konsequenzen folgen werden.

Deswegen ein kleines Zwischenfazit.

1.) Allgemein

Der Kosovo erklärte sich vor etwas mehr als einem Jahr für unabhängig. Es war nicht das erste Mal, aber das erste Mal, dass es Konsequenzen gab.

Eine Reihe von Staaten haben das Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt. Die Flut an Anerkennungen, die die Presse und die USA vorhergesagt hatten, kam nie. Heute sind es knapp 60 von knapp 200 Staaten der Welt.

Viele Staaten haben explizit eine Anerkennungen ausgeschlossen und einige Staaten warten noch ab.

2.) Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes

Denn Serbien ist gegen die Unabhängigkeitserklärung vor Gericht gegangen. Dazu brauchte sie die Mehrheit in der UN-Generalvollversammlung Herbst letzten Jahres und diese bekam sie. Über den "Wahlkampf" schreibe ich dieses Mal nicht viel und den Druck, den vor allem die USA, UK und Frankreich auf Serbien ausgeübt haben. ("Wieso wollt ihr in die EU, wenn ihr hier vor Gericht geht".) Auf jeden Fall hat die UN-Generalvollversammlung dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag (nicht zu verwechseln mit dem Kriegsverbrechertribunal für Jugoslawien in Den Haag oder dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag) den Auftrag erteilt, die Rechtslage zu klären, ob das Parlament im Kosovo die Unabhängigkeit hat erklären dürfen.

Sollte der Gerichtshof Serbien recht geben, würde Serbien gegen jeden Staaten, der den Kosovo als unabhängig anerkannt hatte, juristisch vorgehen, sollten diese Entscheidungen nach der Bekanntgabe der Rechtslage, nicht zurückgenommen werden.

3.) Auswirkungen auf andere Regionen

Ohne auf alle Auswirkungen einzugehen. Die bekanntesten geschahen kurz darauf im Kaukasus. Nach dem Überfall georgischer Truppen auf Südossetien und dem darauffolgenden kurzen Krieg zwischen Russland/Südossetien gegen Georgien, hat Russland die beiden aufständischen, georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien als unabhängige Staaten anerkannt. Argument war - das Kosovo.

4.) Internationale Staatengemeinschaft? Und ein Lob auf wiki!

Wie eingangs erwähnt hat ein Teil der Welt den Kosovo anerkannt, ein großer Teil nicht. Eine merkwürdige Situation ist somit entstanden. Kosovoalbaner müssen somit weiterhin einen serbischen Reisepass beantragen, wenn sie weltweit mobil sein wollen. Zudem deutet sich ein Riss durch die Welt an.

Interessanterweise ist dieser Riss nicht klar nachvollziehbar.

Obwohl die Mehrheit der Kosovoalbaner Muslime sind, hat die islamische Welt mehr als skeptisch reagiert!
Vor allem der anglo-sächsische Raum und Teile der EU haben die Unabhängigkeit anerkannt. Und auch hier ergibt sich ein Riss.
Trotz Druck haben Spanien, die Slowakei, Rumänien und Griechenland weiterhin das Kosovo nicht anerkannt.
Auch der Vatikan, einst Musterschüler in der Anerkennung der ehemaligen jugoslawischen Republiken, will den neuproklamierten Staat nicht anerkennen.
Andere Staaten haben den Kosovo anerkannt, aber mehr als deutlich gesagt, dass sie von den USA dazu gedrängt worden sind. Dazu gehören z.B. Tschechien und Polen. Teilweise haben sich Politiker hier beim serbischen Volk entschuldigt, so gehandelt zu haben.

Asien und Südamerika will im Groben auch die Unabhängigkeit nicht anerkennen. Um Afrika wird gekämpft.

Interessant in diesem Zusammenhang finde ich Wikipedia.

Nach der Unabhängigkeitserklärung wurde im Artikel zum Kosovo (in den westlichen Sprachen) eine Mappe eingebaut, in der man sehen konnte, wer der Kosovo anerkannt hat (blau) und wer es nicht tun möchte (rot). Über die Farbgebung möchte ich nicht diskutieren.

Als die Mappe zu rot wurde und z.B. auf serbischen und russischen Version zu finden war, wurde diese nun in den deutschen, englischen.... Versionen ausgetauscht. Man sieht nun nur noch die Staaten, die den Kosovo anerkannt haben. Und zwar grün. Es wurde wohl einigen zu rot...


Sonntag, März 15, 2009

Heute ist der 15. März

Am heutigen Tage, vor 161 Jahren begann der ungarische Teil der Revolution von 1848.

Helden dieser Revolution, die zum Ziel hatte ein von der Habsburger Monarchie unabhängigeres Ungarn zu errichten, waren vor allem der Schriftsteller Petőfi Sándor und Politiker Kossuth Lajos. Auslöser waren Demonstrationen in Pest und Buda.

Österreich-Ungarn, wie wir uns erinnern, war ein Vielvölkerstaat gewesen. Das trifft also auch für die Länder der ungarischen Krone zu. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass im Rahmen dieser nationalen Revolution, nicht alle Einwohner Ungarns für dieses Unterfangen zu gewinnen waren. Vor allem die Kroaten, Serben und Rumänen zeigten sich dem österreichischen Kaiser loyal. Die Serben vor allem wegen ihrer Sonderstellung in der Militärgrenze (Vojna Krajina) um das Osmanische Reich rum. Den einzigen Herren, den sie bis zu diesem Zeitpunkt über sich hatten war der österreichische Kaiser, gleichzeitig auch Herzog der Serben (in der Vojvodina). Ansonsten genossen sie weitesgehend Autonomie. Sie konnten in der katholischen dominierten k-u-k-Monarchie ihrem orthodoxen Glauben nachkommen, konnten sich ihrer Sprache und ihrer Schrift bedienen etc.

Aufgrund dieser Privilegien und als Kampf gegen eine Magyarisierung kämpften diese Völker gegen die ungarischen Revolutionäre, aber sie wurden eben auch bekämpft. Nationale Revolutionen taugen eben in Vielvölkerstaaten nicht. Siehe Türkei, wo Atatürk nach französischen Modell, eine einheitliche Türkei schaffen wollte. Wen wundert es dann, dass Armenier, Kurden, Griechen und andere Völkerschaften vertrieben und umgebracht worden sind.

Nichts desto trotz ist dieser Tag ein Feiertag der Republik Ungarn und heute durchaus zurecht.

14 Millionen Magyaren, ethnische Ungarn gibt es heute weltweit, darunter leben 9,5 Millionen in Ungarn selbst.

In Rumänien leben 1,4 Millionen (davon 0,6 Millionen Szekler), in der Slowakei 0,5 Millionen, in Serbien 0,3 Millionen, in der Ukraine 0,15 Millionen. Ansonsten natürlich viele in Übersee oder in Deutschland etc.

Der Staatspräsident Ungarns, Sólyom László dachte also, dass er diesen Nationalfeiertag seiner Republik auch mit Angehörigen seines Volkes in Rumänien feiern könnte, nämlich im rumänischen Städtchen Târgu Mureş (Neumarkt am Mieresch). Allerdings hat Rumänien nun keine Landeerlaubnis für das Städtchen erteilt, weshalb der überrascht/e (tuende) Präsident eben heute Nachmittag so zur ungarischen Minderheit reisen wird.

Das Vorspiel dieses Eklats begann allerdings in Serbien. Präsident Sólyom wollte privat die ungarische Community in der serbischen Provinz Vojvodina besuchen und zwar für paar Tage. Ist auch das normalste der Welt, als Staatspräsident, einen nationalen Feiertag in einem anderen Staat zu vebringen. Privat eben.

Allerdings kam das, rein zufällig, zur Unzeit:

Serbien besteht de jure aus zwei autonomen Provinzen, der Autonomen Provinz Kosovo und Metochien im Süden des Landes und der Autonomen Provinz Vojvodina im Norden des Landes. Seitdem Serbien eine neue Verfassung hat, wird lange verhandelt, wie eine Verfassung der Vojvodina, innerhalb Serbiens aussehen soll. In der Vojvodina bilden ethnische Serben die Mehrheit mit über 65% der Einwohner. Stärkste Minderheit stellen die Magyaren dar, mit ca 15%.

Diese Diskussion verläuft in einem Stadium, in dem sich die südliche Provinz für Unabhängigkeit erklärt hat, in der es Unabhängigkeitsbestrebungen bei einigen Minderheitenvertretung in der Vojvodina gibt, in der ein (umstrittenes) Abkommen zwischen Gasprom und NIS / Serbien geschlossen worden ist. (Sehr verkürzt: Das Staatsunernehmen NIS wurde an Gasprom verkauft. Gasprom sicherte im Gegenzug Serbien zu, die Gaspipeline South Stream durch Serbien zu bauen. Allerdings hatte auch OMV Interesse an NIS, zudem gibt es noch die Konkurrenz Pipeline Nabucco. Die "Autonomisten" der Vojvodina waren gegen einen Verkauf an Gasprom.).

Fazit: In Serbien gibt es heftige Diskussionen wegen einer neuen Verfassung der Vojvodina, welche diese dann in den nächsten 5-20 Jahren in die Unabhängikeit führen könnte.

Deswegen bat der Präsident Serbiens, Boris Tadić, seinen ungarischen Kollegen, wegen der gutnachbarschaftlichen Beziehungen, hier doch Rücksicht zu nehmen. Der ungarische Präsident beschloss also die Vojvodina (Stara Moravica und Subotica) nur am 15. März zu besuchen und im Juli dann wieder zu kommen.

Weil der serbische Präsident sich eben erdreistet hatte um Rücksicht zu beten und der Präsident Ungarns also nur für einen Tag die Vojvodinaungarn besuchen wollte, beschloss der Bund der Vojvodinaungarn, dass er alleine den Nationalen Feiertag Ungarns im Gedenken an den Aufstand in Pest und Buda 1848, begehen will.

Aus diesem Grunde wollte und will Präsident Sólyom heute eben Rumänien besuchen, wo er genau so willkommen ist, wie in Serbien.

Über die Verwunderung Sólyoms, wundere ich mich nach der Vorgeschichte, allerdings sehr.

Vor allem, wenn man bedenkt, dass Rumänien, die Slowakei oder die Ukraine und nicht zuletzt auch Serbien, Nachbarstaaten mit einer großen ungarischen Minderheit, die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nicht anerkannt haben. Im Gegensatz zu Ungarn. Und zwar weil es dort starke Unabhängigkeitsbesterbungen seitens der ungarischen Minderheiten, angestachelt und motiviert durch die Republik Ungarn, bestehen.

Dieser Geister schweben nun doch überall und nicht nur in Südossetien oder Abchasien.

Unter diesen Gesichtspunkten ist es eben nicht verwunderlich, dass a) der Präsident Ungarns den 161. Jahrestag nicht in Ungarn verbringen möchte und dass b) die Nachbarn etwas dagegen haben.

Samstag, März 14, 2009

Wenn ein Komparativ zum Standard wird

Du machst. Berlin 08!

Jugendliche sollen für Politik begeistert werden. Oder politikbegeisterte Jugendliche treffen sich einfach bei einem Event, das zwischen Neowoodstock und einem Jugendherbergsausflug im FDJ-Flair anzusiedeln ist. Wie auch immer. Juli 2008, es war sehr heiß, die jungen Erwachsenen hatten ihren Spaß und sinnvoll war`s bestimmt auch.

Politiker, Journalisten, Wissenschaftler und weitere bekannte und weniger bekannte Personen waren als Teilnehmer eingeladen. Klar, dass ein Peq da nicht fehlen darf.

Inkognito, als ambitionierten Jungpolitiker und potentieller Funktionär, die auch reihenweise anwesend waren, konnte sich der Peq auch als Gast bei einigen Veranstaltungen einschleichen. Neben Vorträgen zu interessanten und vor allem spannenden Themen, wie der Entwicklung des Völkerrechts, saß der Peq bei Vorträgen als interessierter Zuhörer und lauschte den Ausführungen anderer.

Eine davon ging um die EU. Thema habe ich wieder vergessen und ist eigentlich auch ganz egal.

Anwesende Redner:

- ein Mitglied des Europaparlaments (ich glaube ein Grüner)
- ein EU Young Professional - toller Titel. Was er genau macht, wurde uns nicht klar. Nach seinen Äußerungen schließend muss er so etwas, wie ein Praktikant sein. Praktikant hat aber mittlerweile ein negative Konnotation, also muss, im Sinne des Antidiskriminierungsgesetzes ein neues Wort daran glauben: Young Professional
- eine Beamtin der EU-Kommission war auch da
- eine Frau, die etwas komisches studiert hatte (ich weiß es nicht mehr. Ging Richtung Religion oder Kunst) und nun etwas gang komisches arbeitet, was damit nichts zu tun hat (ging in die Richtung empirische Sozialforschung), sich aber Wissenschaftlerin schimpft (habe sie einige Woche später im TV gesehen, als Beratering eines unserer Minister).
- der Moderator natürlich. Der hat mir gut gefallen.

Übrigens war das alles kurz nach dem irischen Nein zum Lissaboner Vertrag, also waren die Experten vorne sehr bemüht aufzuzeigen, dass die Iren sich irren und wie toll doch die EU sei ("wir haben uns eingesetzt, dass ihr im Ausland weniger beim Telefonieren bezahlen müsst"). Und sie verstünden alle die Iren nicht, weil die EU doch demokratischer werden solle oder mehr Demokratie bekomme. Zudem könne doch nicht eine Minderheit (Iren), den anderen verwehren, endlich diese Quasiverfassung zu erhalten.

Die Vorgeschichte wurde natürlich nicht erwähnt. Dass es am Anfang erst noch eine Verfassung gab, die die EU ihren Völkern schenken wollte. Weil Geschenke geheim und nicht diskutiert werden, wurde auch dieses Werk den Völkern nicht näher gebracht oder diskutiert (der Leser glaubt nun ein Deja-vu zu haben, weil er sich einbildet gestern so etwas gelesen zu haben), sondern sollte einfacht ratifiziert werden. Blöd nur, dass das Volk zweimal hintereinander aufmüpfig NEIN schrie. Das war 2005. In Frankreich und den Niederlanden. Irgendwie hatte man vor lauter Integration und mehr Demokratie vergessen den Plebs mitzunehmen.

Man lernt aus seinen Fehlern.

Statt EU-Verfassung, gibt es sie nun eine Verfassung light, als Vertrag von Lissabon.

Zudem sind Parlamente disziplinierbarer als Völker, also stimmen hier nur Parlamente ab. Bis auf Irland. Und wieder erdreistet sich ein Volk, das gefragte wurde, mit NEIN zu antworten.

Ich kann die pro-EU-Fraktionen bei der Podiumsdiskussion verstehen, dass sie sich gegen das irische Volk richten, die alle anderen Völkern sagen wollen, wie sie zu leben haben. Dabei weiß ein jeder, dass dies die Aufgabe der Europäischen Kommission ist!

Es ging also munter hin und her, bis zum Schluss das Publikum eingeschaltet worden ist.

Ein, dem Akzent nach zu urteilen, Zuhörer aus Osteuropa, hat sich an einer Begrifflichkeit (wir erinnern uns wieder an PC und Antidiskrminierung), gestört. Für die Diskussionsteilnehmer war Europa ein Synonym zur EU. "Polen etc traten Europa bei" "Auch Serbien muss Teil Europas werden". Das wurde eben kritisiert. Die EU habe keine Alleinvertretungsansprüche am Terminus "Europa". Europa gab es vor der EU. Europäische Staaten waren und sind auch heute nicht Teil der EU. Und es gibt auch welche, die es nicht werden wollen. Deswegen ist EU nicht gleich Europa.

Ihm wurde zugestimmt, aber die Begrifflichkeiten wurden trotzdem weiterhin anders verwendet. EU = Europa.

Also meldete ich mich zu Wort. Ich hatte nur einen kleinen Wunsch mit einer Anmerkung vorneweg:

"Ich habe nur einen kleinen Wunsch. Wir hören, dass die EU demokratischer wird. Demokratischer ist ein Komparativ. Ich wünsche mir einfach eine demokratische EU und keine, die immer etwas demokratischer wird."

Ins Schwarze getroffen. Bis auf den Moderator, hatte ich es geschafft innerhalb weniger Sekunden, alle gegen mich aufzubringen.

Wie könne ich denn den demokratischen Charakter der EU abstreiten. Die EU habe doch bisher so viele tolle Sachen für die Bürger durchgesetzt. Der Hinweis aufs Roaming und Umweltschutz (schließlich sind Jugendliche da und man muss punkten). Und wenn die Bürger nicht zur Wahl des (nach westeuropäisch-demokratischem Verständnis impotenten) Europaparlamentes gehen, dann ist das ihre Schuld. Das habe alles etwas mit Bildung zu tun. Zudem könne man nun einfach so reisen, nicht wie früher. Man könne reisen. Solche Aussagen regen sie nur auf und ich solle doch erst einmal definieren, was Demokratie sei.

Der Feind war also lokalisiert.

Also durfte ich kurz Demokratie definieren, was einem Politikwissenschaftler, der sich in dem Augenblick als solcher outete, wirklich sehr schwer fiel. Zudem fand ich den Vorwand mit mangelnder Bildung schön und fragte, ob es normal sei, dass Akademiker mich bitten, ihnen die EU zu erklären.

Um den Blogbeitrag nicht weiter zu strapazieren:

Argumente wurden nicht ausgetauscht. Auch als ich explizit kritisiert hatte, was nicht demokratisch sei in der EU. Stattdessen wurde ich wirklich als Feind behandelt und die Gegenargumente beliefen sich darauf:

Wenn eine Institution soviel Gutes für die Menschen macht, dann sollten diese dankbar sein und dann ist diese Institution demokratisch. Punkt!

Ich war tatsächlich von der Art und Weise geschockt und hatte es auch wieder verdrängt, bis ich las, dass der EU-Dissident und Präsident der tschechischen Republik, Václav Klaus, eine EU-kritische Rede im Parlament hielt und es dadurch zu einem Eklat kam.

Interessant fand ich auch, dass die deutsche Presse kritiklos, den "selbsternannten" (O-Ton deutsche Presse) EU-Dissidenten kritisierte, allerdings über 90% der Leserkommentare in der Süddeutschen Zeitung, der FAZ oder Welt Klaus zustimmten.

Wer die Rede lesen möchte:

Rede des tschechischen Präsidenten vor dem Europäischen Parlament


Wie es aussieht wird man geschult, mit Kritiken und Kritikern so umzugehen. Ob dadurch die EU bei ihren Völkern ankommen wird - ich wage es zu bezweifeln.

Demokratischer ist eben nicht zwangsläufig demokratisch.
Quasi-Agrumente sind keine Argumente.
Völker sind häufig klüger, als man allgemein denkt.

Freitag, März 13, 2009

Eigentlich ...

Eigentlich. Ich liebe dieses unverbindliche und schwammige Wort "eigentlich". Es ist so schön entschärfend und nichtssagend. Und ich fange gerade einen Blogeintrag damit an...

Eigentlich wollte ich etwas über Vaclav Klaus und seiner Rede vor dem Europaparlament schreiben, bis ich zufällig diesen Artikel las. Es geht um das Antidiskriminerungsgesetz, das in Serbien in Kraft treten soll. Ich hatte es hier letztens nur kurz erwähnt.

Aber nun lange ich mich doch tatsächlich vor Unfassbarkeit an den Peq´schen Schädel.

Der eine oder die andere wird sich nun denken, dass der Peq moralisch einfach entrüstet ist oder allgemein etwas aufgeregt, weil er diese Gesetze unsinnig findet, wenn sich in der Gesellschaft nichts ändert.

Ja, ich gebe zu. Das könnte durchaus so sein, wäre aber für mich kein Grund diesbezüglich noch einmal zu schreiben, v.a. weil ich es ja letztes Mal nur kurz erwähnt hatte.

Der Grund, weshalb ich nun schreibe ist derselbe, wieso ich zum Thema Klaus´ Rede im Europaparlament und meine Erfahrungen damit zu tun hat. Dazu die Tage mehr...

Ich erwähnte, dass die serbische Regierung nun auch ein Antidiskrimierungsgesetz durchpeitschen möchte. Ein gesellschaftlicher Diskurs ist nicht notwendig. Schließlich weiß die KP am besten, was das Proletariat braucht. Und nach dem Gesetz wird Serbien eine neue Gesellschaft. Europäisch. Also hatte man/frau das Gefühl, dass alles in Heimlichkeit passiert ist, bis, ja bis sich die Glaubensgemeinschaften Serbiens zu Wort gemeldet hatten:

Die verschiedenen christlichen Gruppen, die islamische und jüdische Gemeinschaft. Erst hier wurde das Thema publik. Eine Diskussion, ein breiter gesellschaftlicher Diskurs fand nicht statt. Nicht ganz - es gab schon einen:

Einfluss der Glaubensgemeinschaften, v.a. der serbisch-orthodoxen Kirche im Staat.

Über das Gesetz, Sinn und Unsinn des Gesetzes, wurde nicht diskutiert.

Allerdings erreichten die Glaubensgemeinschaften, dass die serbische Regierungs das gesetz überprüfen wolle. Sie hat es nun überprüft.

Rasim Ljajic, Arbeits- und Sozialminister Serbiens, erklärte nun, dass das Gesetz, gänzlich unverändert, seinen weg durchgepeitscht wird und zwar wegen Europa. Also nicht wegen der diskriminierten und potentiell diskriminierten Menschen. Sondern wegen der EU. Auch hier nicht als Anpassung an rechtliche europäische Standards.

Nein!!!

Damit Serbien auf die weiße Schengenliste kommt (sprich visafreies Reisen durch den Schengenraum). Das Gesetze wäre eine Bedingung dazu.

Wen es interessiert: Усвајање измењеног Предлога закона о забрани дискриминације један од услова за успостављање безвизног режима.

Falls es wirklich eine Bedingung für visafreies Reisen ist - wer kommt auf solche bescheurten Ideen??? Das ist ja mal richtig brain challenged!

Und falls es keine Bedingung war und die serbische Regierungs hier einfach lügt, um dieses Gesetz (wegen einer möglichen Rechtsangleichung) durchzubringen. Wie bescheuert ist denn das?

Der Leser entschuldigt meine Begriffswahl. Aber ich denke dass jeder, egal, wie er zu solchen Gesetzen steht, mir zustimmt, dass die Art und Weise der Einbringung in Serbien wider dem menschlichen Verstand und der Logik des Gesetzes ist.

Weil einE RassistIn, NationalistIn, ChauvinistIn oder was auch immer nun visafrei reisen kann, wir er/sie/es aufhören dieses Gedankengut zu pflegen?

Vielleicht schützt dieses Gesetz eigentlich nur den Gesetzgeber und seine Initiatoren. Vielleicht und eigentlich.

Mittwoch, März 11, 2009

Semantic challenged

Vor langer Zeit schrieb ich hier über Gesinnungs- und Verantwortungsethik und auch darüber, dass jemand durchaus eine gute Gesinnung haben kann, aber schlechtes anrichtet. Sehr frei nach Mephistopheles eben jene Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft.

Darunter fallen meiner Meinung nach Antidiskriminierungsgesetze. Die Idee ist gut, allerdings gibt es einige negative Effekte, z.B. dass Arbeitgeber zu sehr Angst haben, ein echtes Feedback zu geben, wenn ein Bewerber nicht genommen wird. Mit einem echten Feedback könnte ein Bewerber mehr anfangen, als mit "wir haben jemanden, der noch besser zu uns passt...".

In Serbien wird momentan über ein Antidiskriminerungsgesetz gesprochen, schließlich will man in die EU. Ein Argument war tatsächlich, dass das eine Bedingung für visfreies Reisen in die EU sei (ich glaube über Visafreiheit schrieb ich hier schon vor langer Zeit...). Eine Echte Diskussion über Sinn und Unsinn gibt es nicht. Wenn sich die Glaubensgemeinschaften Serbien nicht zu Wort gemeldet hätten.

Doch genug zum Auslöser meines Schreibens. Mir geht es mehr um die Antidiskriminierungsgesetze und die politische Korrektheit, die damit einhergeht.

Auch hier greifen dieselben Mechanismen. Gesinnungstechnisch zu begrüßen, aber ob es tatsächlich etwas Gutes schafft?

Früher bezeichnete das Wort Krüppel (kröpel) jemanden, dem Gliedmaßen fehlen oder der in seiner Bewegungsfähigkeit behindert ist.

Das semantische Feld hat sich geändert und es wurde zu einem Schimpfwort. Wie mittlerweile auch Behinderter ("Behindi") zu einem wurde.

Eine Änderung der semantischen Felder sehen wir auch im Mutterland der politischen Korrektheit.

Negro -> black people -> colored people -> Afro-Americans.

Ich gebe hier Slavoj Žižek recht. Sprachpolitik und Änderung semantischer Felder hat den Rassismus nich bekämpft. Er ist mit jedem neuen Wort mit gewandet, wie im obigen Beispiel "Krüpel".

Es gibt noch andere Gründe und Argumente gegen die neue Sprache der politischen Korrektheit, aber für mich ist die Intentionsfrage die wichtigeste.

Durch neue Worte und Verbot anderer Worte wird das Denken und Handeln nicht verändert. Eines der bekanntesten Fragen, um latenten Rassimus zu messen ist eben nicht, wie nennen sie XY, sondern hätten sie ein Problem, wenn ihre Tochter einen XY heiraten würde.

Es gibt hier unzählige Beispiele, vor allem die "challenged"-Bewegung, wie ich sie nennen würde.

Nicht desto trotz.

Neologismen und eine restriktive Sprachpolitik sind bestimmt nicht die Mittel, mit denen man/frau (wie man sieht, neige ich auch zur P.C.) Unterdrückung/Diskriminierung von bestimmten Gruppen erreichen kann, weil sich semantische Felder ändern, vor allem, wenn sich im Denken und Kopf nichts geändert hat.

Die Gesinnung ist schön und gut, aber bringt sie in diesem falle irgendetwas?

Montag, März 09, 2009

Peq's back

1 1/2 Jahre sind seit dem letzten Eintrag vergangen.

Es ist viel passiert in dieser Zeit. Alles und vieles wurde kommentiert, hie und da, von diesem und von jenem. Auch von Peq. Allerdings nicht in Blogform. Es hatte irgendwie nachgelassen. Die Lust, die einen dazu bringt, seine Gedanken mit schnellen Fingerbewegungen in die Tastatur, tippend, einklopfend, manchmal hämmernd, auf jeden Fall schnell (was dem geneigten Leser der Ecke aufgrund der vielen Vertipper aufgefallen ist), seine Gedanken zu artikulieren.

Der Peq tat es gerne in einer anderen Form. Mündlich.

Und nun ist soviel passiert und Peqs Ecke erschien dem Autor als altes Tagebuch, das es wert war, durchgeschmöckert zu werden.

Peq möchte in Zukunft gerne auch noch schmöckernd. Am besten rechthaberisch. Und wenn das nicht geht, dann wenigstens mit der Ausrede "es wäre so passiert, wäre das nicht dazwischen gekommen".

Verschiedene Modi in einer Sprache - tolle Erfindung. Vielleicht besser als das Rad.

Langer rede kurzer Sinn.

Die Weiten des WWW haben Peqs Ecke wieder.

Alles bleibt beim alten, nur dass sich alles geändert hat.

In dem Sinne

Guten Abend, werter Leser, auf dass du nicht nachtragend bist und ab und zu an den Peqschen gedanken teilhaben wirst.