Sonntag, März 15, 2009

Heute ist der 15. März

Am heutigen Tage, vor 161 Jahren begann der ungarische Teil der Revolution von 1848.

Helden dieser Revolution, die zum Ziel hatte ein von der Habsburger Monarchie unabhängigeres Ungarn zu errichten, waren vor allem der Schriftsteller Petőfi Sándor und Politiker Kossuth Lajos. Auslöser waren Demonstrationen in Pest und Buda.

Österreich-Ungarn, wie wir uns erinnern, war ein Vielvölkerstaat gewesen. Das trifft also auch für die Länder der ungarischen Krone zu. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass im Rahmen dieser nationalen Revolution, nicht alle Einwohner Ungarns für dieses Unterfangen zu gewinnen waren. Vor allem die Kroaten, Serben und Rumänen zeigten sich dem österreichischen Kaiser loyal. Die Serben vor allem wegen ihrer Sonderstellung in der Militärgrenze (Vojna Krajina) um das Osmanische Reich rum. Den einzigen Herren, den sie bis zu diesem Zeitpunkt über sich hatten war der österreichische Kaiser, gleichzeitig auch Herzog der Serben (in der Vojvodina). Ansonsten genossen sie weitesgehend Autonomie. Sie konnten in der katholischen dominierten k-u-k-Monarchie ihrem orthodoxen Glauben nachkommen, konnten sich ihrer Sprache und ihrer Schrift bedienen etc.

Aufgrund dieser Privilegien und als Kampf gegen eine Magyarisierung kämpften diese Völker gegen die ungarischen Revolutionäre, aber sie wurden eben auch bekämpft. Nationale Revolutionen taugen eben in Vielvölkerstaaten nicht. Siehe Türkei, wo Atatürk nach französischen Modell, eine einheitliche Türkei schaffen wollte. Wen wundert es dann, dass Armenier, Kurden, Griechen und andere Völkerschaften vertrieben und umgebracht worden sind.

Nichts desto trotz ist dieser Tag ein Feiertag der Republik Ungarn und heute durchaus zurecht.

14 Millionen Magyaren, ethnische Ungarn gibt es heute weltweit, darunter leben 9,5 Millionen in Ungarn selbst.

In Rumänien leben 1,4 Millionen (davon 0,6 Millionen Szekler), in der Slowakei 0,5 Millionen, in Serbien 0,3 Millionen, in der Ukraine 0,15 Millionen. Ansonsten natürlich viele in Übersee oder in Deutschland etc.

Der Staatspräsident Ungarns, Sólyom László dachte also, dass er diesen Nationalfeiertag seiner Republik auch mit Angehörigen seines Volkes in Rumänien feiern könnte, nämlich im rumänischen Städtchen Târgu Mureş (Neumarkt am Mieresch). Allerdings hat Rumänien nun keine Landeerlaubnis für das Städtchen erteilt, weshalb der überrascht/e (tuende) Präsident eben heute Nachmittag so zur ungarischen Minderheit reisen wird.

Das Vorspiel dieses Eklats begann allerdings in Serbien. Präsident Sólyom wollte privat die ungarische Community in der serbischen Provinz Vojvodina besuchen und zwar für paar Tage. Ist auch das normalste der Welt, als Staatspräsident, einen nationalen Feiertag in einem anderen Staat zu vebringen. Privat eben.

Allerdings kam das, rein zufällig, zur Unzeit:

Serbien besteht de jure aus zwei autonomen Provinzen, der Autonomen Provinz Kosovo und Metochien im Süden des Landes und der Autonomen Provinz Vojvodina im Norden des Landes. Seitdem Serbien eine neue Verfassung hat, wird lange verhandelt, wie eine Verfassung der Vojvodina, innerhalb Serbiens aussehen soll. In der Vojvodina bilden ethnische Serben die Mehrheit mit über 65% der Einwohner. Stärkste Minderheit stellen die Magyaren dar, mit ca 15%.

Diese Diskussion verläuft in einem Stadium, in dem sich die südliche Provinz für Unabhängigkeit erklärt hat, in der es Unabhängigkeitsbestrebungen bei einigen Minderheitenvertretung in der Vojvodina gibt, in der ein (umstrittenes) Abkommen zwischen Gasprom und NIS / Serbien geschlossen worden ist. (Sehr verkürzt: Das Staatsunernehmen NIS wurde an Gasprom verkauft. Gasprom sicherte im Gegenzug Serbien zu, die Gaspipeline South Stream durch Serbien zu bauen. Allerdings hatte auch OMV Interesse an NIS, zudem gibt es noch die Konkurrenz Pipeline Nabucco. Die "Autonomisten" der Vojvodina waren gegen einen Verkauf an Gasprom.).

Fazit: In Serbien gibt es heftige Diskussionen wegen einer neuen Verfassung der Vojvodina, welche diese dann in den nächsten 5-20 Jahren in die Unabhängikeit führen könnte.

Deswegen bat der Präsident Serbiens, Boris Tadić, seinen ungarischen Kollegen, wegen der gutnachbarschaftlichen Beziehungen, hier doch Rücksicht zu nehmen. Der ungarische Präsident beschloss also die Vojvodina (Stara Moravica und Subotica) nur am 15. März zu besuchen und im Juli dann wieder zu kommen.

Weil der serbische Präsident sich eben erdreistet hatte um Rücksicht zu beten und der Präsident Ungarns also nur für einen Tag die Vojvodinaungarn besuchen wollte, beschloss der Bund der Vojvodinaungarn, dass er alleine den Nationalen Feiertag Ungarns im Gedenken an den Aufstand in Pest und Buda 1848, begehen will.

Aus diesem Grunde wollte und will Präsident Sólyom heute eben Rumänien besuchen, wo er genau so willkommen ist, wie in Serbien.

Über die Verwunderung Sólyoms, wundere ich mich nach der Vorgeschichte, allerdings sehr.

Vor allem, wenn man bedenkt, dass Rumänien, die Slowakei oder die Ukraine und nicht zuletzt auch Serbien, Nachbarstaaten mit einer großen ungarischen Minderheit, die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nicht anerkannt haben. Im Gegensatz zu Ungarn. Und zwar weil es dort starke Unabhängigkeitsbesterbungen seitens der ungarischen Minderheiten, angestachelt und motiviert durch die Republik Ungarn, bestehen.

Dieser Geister schweben nun doch überall und nicht nur in Südossetien oder Abchasien.

Unter diesen Gesichtspunkten ist es eben nicht verwunderlich, dass a) der Präsident Ungarns den 161. Jahrestag nicht in Ungarn verbringen möchte und dass b) die Nachbarn etwas dagegen haben.

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