Donnerstag, Juli 26, 2007

120 Tage

120 Tage. Kling ganz nach einem Filmtitel. Ist es in diesem Fall aber nicht. 120 Tage Zeit haben nun die Konfliktparteien - serbische und kosovoalbanische Regierung - eine Lösung für das Kosovo zu finden. Wenn nicht, das sagen hochrangige amerikanische Diplomaten (u.a. Rice) wird das Kosovo unabhängig. Wolle es der UN-Sicherheitsrat oder nicht.

Wait a secound, möge der aufmerksame Leser meinen: Also es gibt Verhandlungen - wenn sich die Parteien nicht einigen, gibt es schon eine Lösung. Wieso sollte da noch verhandelt werden? Welche Logik steckt dahinter.

Wenn man die Thematik zusätzlich noch kennt, möge der aufmerksame und informierte Leser meinen: Also es gibt Verhandlungen zwischen A und B. Sollten sich A und B innerhalb von 120 Tagen nicht einigen, tritt das in Kraft, was B möchte. Welchen logischen Sinn haben Verhandlungen dann? Wieso sollte B zu Kompromissen bereit sein, wenn es eh das bekommt, wenn es will, wenn sogar Kooperationsboykott belohnt wird?

Stellen wir uns einen anderen Konflikt vor, den man nicht innerhalb von 120 Tagen lösen will. Wieso auch immer. Die israelische Regierung und die radikalislamistische Hamas. Die Hamas erkennt ja das existenzrecht Israels nicht an. Und nun stellen wir uns vor man sage: ihr habt 120 Tagen Zeit euren uralten Konflikt zu lösen, wenn nicht, tritt das in Kraft, was die Hamas will... Wie groß wäre der Aufregung - und zwar zu recht. Es müsste nicht einmal Hamas sein. Wenn man sich für eine Seite entscheidet, sind das keine Verhandlungen und keine Konfliktlösung.

Wieso also diese Farce. Denn nichts weiteres als eine Farce ist das. Und ich erinnere daran, dass wir das schon einmal hatten - und zwar als der Ahtisaariplan unter Ahtisaari neu verhandelt werden sollte:

Eine Erklärung ist die folgende, wie auch damals beim Ahtisaariplan:

Zeit schinden, Zeit gewinnen.

Die USA sagen es ja unverblümt, dass sie den Kosovo anerkennen werden und dass der Kosovo unabhängig würde. Zwar sind die USA vielleicht in der Lage bestimmte Kriege ohne UN-Mandat zu führen - aber ganz unilateralistisch und v.a. in diesem Thema können sie nicht handeln. Deswegen ist heute, wie auch zur Zeiten des Ahtisaariplanes die Zustimmung der EU notwendig.

Damals, als es darum ging, ob der Ahtisaariplan angenommen werden sollte, hatten nicht nur Serben ihre Zweifel gegen diesen Plan und Vermittler; auch nicht nur die so genanten traditionellen Verbündeten Russland und China, nein auch der größte islamische Staat Indonesien stellte sich hinter die christlichen Serben und gegen die Unabhängigkeitswünsche der Kosovoalbaner oder auch der demokratische Musterknabe in Afrika, Südafrika, waren und sind gegen diesen Plan.... Von Chavez oder Kuba wollen wir einmal nicht reden ;)
Aber auch innerhalb der EU gab es eine breite Front gegen diesen Plan - am stärksten in der Slowakei. Aber auch Staaten, wie Spanien, Italien, Belgien, Zypern, Griechenland, Polen, Rumänien etc waren dagegen. Am Ende gab es einen Kompromiss – und zwar nach sehr viel Druck (v.a. das Argument: die EU müsse mit einer Stimme sprechen), der da hieß, dass man den Plan zwar nicht annimmt, aber für gut befindet.

Damals brauchten die USA Zeit, um eine symbolische Unterstützung für den Ahtisaariplan zu erhalten und erlaubten deswegen die Farce-nachverhandlungen. Nun brauchen die Amis Zeit, die EU-Staaten zu überzeugen, den Kosovo, auch ohne UN-Beschluss, als unabhängigen Staat anzuerkennen. Staaten, wie Niederlande, Dänemark und Schweden wären jetzt schon dazu bereit. Dagegen sind momentan, die Frage ist, wie lange, Zypern, Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Spanien… Es sollen wohl 10 sein. Unentschlossene gibt es natürlich auch.

Es ist und bleibt einfach spannend im Kasperletheater, genannt Weltpolitik.