Montag, Januar 09, 2006

Quid pro quo

Der amerikanische Lobbyist Jack Abramoff bekannte sich bei dem Korruptionsprozess gegen ihn schuldig und das politische Amerika ist am zittern.
Gegen wen packt der einflussreiche Geschäftsmann aus? Wer erhielt Gefälligkeiten für andere Gefälligkeiten, getreu dem Motto quid pro quo?
Dies war auch der Anlass für mehrere Kommentatoren die Lobbyszene in Deutschland und der EU näher zu beleuchten. Gibt es so etwas, wie eine K-Street auch bei uns, wie laufen die formellen und informellen Kontakte ab, wie einflussreich sind Lobbyisten bei uns.

Jeder der mich kennt, wird schon ahnen, was jetzt folgen wird. Eine Journalistenschelte und klugscheißerische Besserwisserei ;-)

Wie kommt es auf europäischer oder nationalstaatlicher Ebene zum Lobbying? Man könnte darüber ganze Bände schreiben. Heute will ich mich an den spaßig gemeinten Rat einer Freundin halten und „fasse mich kurz“. Also in meinen Augen kurz… *g*

Wir haben zwei Seiten beim Lobbying – auf der einen den Gesetzgeber, auf der anderen jemanden, der Einfluss auf die erste Seite ausüben will. Wieso jemand Einfluss auf die Gesetzgebung haben will, kann jeder für sich beantworten. Spannender ist doch die Frage, wieso sich der Gesetzgeber auf dieses Spielchen einlässt.

Ich versuche einzelne Stichpunkte aufzugreifen.

- Ressourcenknappheit:
Zu wenige Mitarbeiter und Informationen bei gleichzeitig steigenden Aufgaben und komplexer werdenden Themen zwingt z.B. einen Parlamentarier gerade dazu sich externe Informationen und Expertisen zu verschaffen. Darüber hinaus ist es Usus geworden, dass die Europäische Kommission oder Bundestagsfraktionen auf fertige Gesetzesvorlagen von Lobbyisten warten. Es kommt eben vor, dass auf Gesetzesvorlagen folgende Bemerkungen drauf stehen: „Kassenärztliche Bundesvereinigung“, „Vorschlag BASF“, „wörtlich RWE“.

- Akzeptanz schaffen und Durchführbarkeit
Als Paradebeispiel soll der einflussreiche Deutsche Bauernverband DBV dienen. Wir alle wissen noch aus der Schule, dass die Anzahl derjenigen, die sich ihr tagtägliches Brot durch landwirtschaftliche Arbeit verdient bzw. gleich selber macht, deutlich unter der 5% Marke liegt. Wieso ist dann deren Verband so einflussreich?
1. Er droht Parteien damit Wahlempfehlungen auszugeben – und zwar allen die im Ländlichen ihr Häuslein haben – und das ist schon einmal ein geschlossener Block von ca. 15% (falls mein Prof. damals die richtige Zahl sagte *g*).
2. Hilft er der Legislativen und Exekutiven in der Durchsetzungen und Akzeptanz von Gesetzen. Der DBV informiert und berät von unten nach oben und umgekehrt. Er dient als Informationskanal. Dadurch erspart sich der Staat viel Bürokratie und Geld.

Auf der EU-Ebene können wir ähnliches beobachten. Hinzu kommt, dass die EU manchmal in Nationalstaaten nach Verbündeten gegen diesen sucht, um bestimmte Vorhaben durchzusetzen.

Kurz fassen in der Politik ist schwer…. Da fehlt ja mehr als 90% ;-)

Schauen wir uns deswegen auch nur ganz kurz die andere Seite an.

Da finden wir (umstrukturierte) Euroverbände, nationale Verbände und Dachverbände, Eigeninitiativen der Unternehmen, consultant officies (Lobbyagenturen, Rechts-Beraterfirmen) und den European Round Table of Industrialists (ERT).
Der Trend geht immer mehr dazu, dass Unternehmen mehrgleisig fahren und je nach Ressourcen auch selber oder durch Lobbyagenturen vor Ort präsent sind.
Es existieren formelle und informelle Kontakte zu den einzelnen Institutionen, d.h. es gibt geregelte Zugänge von Interessenvertreter zur Legislativen, aber eben auch „parlamentarische Abende“ oder sonstige Treffen, zwischen ausgewählten Lobbyisten, Unternehmern und Parlamentariern. Dort werden dann Kontakte zwischen Politik und Wirtschaft geknüpft. Alles Weitere läuft nach dem Motto quid pro quo, wie fast alles im Bereich Lobbyismus.

Zum Schluss wollte ich einige einflussreiche Interessenvertreter auf Bundes- und Europaebene aufzählen – Die Zigarettenindustrie, die Pharmabranche, die Energiewirtschaft, die Landwirtschaft, die Stahlindustrie (v.a. der Euroverband Eurofer), Chemieindustrie und Biotechnologie.

Ich werde mit Sicherheit zu diesem Thema noch einiges posten, um vielleicht zu erklären, wieso gerade die von mir benannten Branchen so einflussreich sind und um einmal den ERT – den European Round Table vorzustellen.
Allerdings wollte ich mich ja heute kurz fassen. ;-)

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