Donnerstag, April 09, 2009

Moldawien kurz im Rampenlicht

Unruhen in Moldawien. In der Ferienzeit habe ich meine Interesse an Politik etwas zurückgefahren, also war ich etwas überrascht, als ich die Schlagzeilen gelesen habe.

Es gab Parlamentswahlen im Armenhaus Europas und die Kommunistische Partei (es gibt sie immer noch, wie die Taliban) hat diese gewonnen. Wahlbeobachter der GUS, sowie der OSZE meinten, dass die Wahl im Groben und Ganzen den internationalen Standards entspicht. An sich schon eine interessante Tatsache, da sich die OSZE und GUS die letzten Jahren in diesem Punkt nicht einig sind.

Die Studenten Moldaus fanden allerdings, dass diese Wahlen nicht demokratisch waren, fackelten also das Parlamentsgebäude ab, spielten etwas G20-Treffen in London oder NATO-Treffen in Strasbourg und versuchten eine Revolution anzufangen: Nieder mit den Kommunisten - Heim ins Reich (=Rumänien) und ab in die EU.

Mittlerweile ist man solche Post-Wahl-Demonstrationen im Osten Europas gewohnt. Paradigmatisch hierfür steht die Bulldozerrevolution in Serbien vom 05. Oktober 2000 oder die bekanntere Orangene Revolution in der Ukraine. Seit dem Jahr 2000 gehört (prowestliche) Revolution zum Exportgut Serbiens. Das know-how wurde weitergetragen nach Georgien, in die Ukraine, in zentralasiatische Staaten, Belarus (Versuch) und Russland (Versuch).

Was auch an den Mustern erkennbar ist, aber auch daran, wie Protagonisten, die als prowestliche (Vielleicht-)Demokraten gepriesen werden, zu Nationalisten oder autokratischen Machthabern werden. Kostunica in Serbien, Juschenko und Timoschenko wechseln sich hier in unseren Medien immer wieder ab, Saakaschwilli (der vor dem Krieg u Südossetien als machtbessesener Autokrat bei uns krisitisiert worden ist).

Ob die jetzigen Unruhen in Moldawien nun spontane Demonstrationen, die die anderen Revolution zum Vorbild hatten waren oder ob auch hier revolutionäres Wissentransfer stattfand kann ich leider zu diesem Augenblicke nicht sagen. Dass die anderen als Vorbild dienen - ist allerdings sicher.

Aber schauen wir uns doch einmal dieses kleine Land etwas näher an. Ein Land, das bis heute von Kommunisten regiert wird.

Mit 65% stellen ethnische Moldauer (=Rumänen) die Mehrheit in diesem Land. Mit fast 30% kommt dann das slawische Element hinzu (13% Ukrainer, 13% Russen, 2% Bulgaren, Weißrussen...). Zudem gibt es noch das christliche Turkvolk der Gaugasen.

Die Lage ist noch komplizierter:

Im Osten des Landes, bzw. östlich des Flusses Dnjestr (rumänisch/moldauisch. Nistra) hat sich ein de-facto Regime gebildet, das bisher von keinem Staat anerkannt worden ist. Diese Republik ist bekannt unter dem Namen Transnistrien oder Dnjestr-Republik. (Offiziell: Transnistrische Moldauische Republik). Der Grund ist historisch, als auch heute ethnisch zu suchen.

Ich habe oben die ethnische Zusammensetzung Moldawiens beschrieben. Dieses bezieht sich allerdings auf ganz Moldawien. Östlich des Flusses Dnjestr leben 32% Moldauer (Rumänen), 30% Russen, 29% Ukrainer... Westlich des Flusses: 71% Moldauer (Rumänen), 10% Ukrainer, 9 % Russen

Das ist der eine Grund - der zweite ist, dass das Gebiet östlich des Dnjestr zwischen den zwei Weltkriegen nicht zu (Groß)Rumänien (also Vereinigtes Rumänien mit Moldawien) gehörte.
Es wurde erst nach dem zweiten Weltkriegs aus der Ukraine herausgelöst und Teil der Sowjetrepublik Moldawien, die Teil der Sowjetunion wurde.

Zudem wollten sich die Gaugasen unabhängig machen, geniessen nun aber weitreichende Autonomie innerhalb Moldawiens.

Allerdings wird es nicht einfacher. Denn die rumänischen Moldauer sind auch Hin und Hergerissen zwischen Vereinigung mit Rumänien und ein Leben als unbhängige Nation. Die Rumänische Sprache heißt nun Moldauisch, um sich etwas zu emanzipieren. Andererseits ist man Mitglied der GUAM (vormals GUUAM), eine postsowjetische Sicherheitsallianz, die von den USA als Gegengewicht zu Moskau gegründet worden ist. Weitere Mitglieder sind die Ukraine, Georgien und Aserbaidschan. Hier ist man allerdings die letzten Jahre nicht mehr aktiv unterwegs.

Präsident Voronin (rumänischer Moldauer, trotz des slawisch klingenden Namens) lavierte zwischen den Mächten (regional und überregional) hin und her.

Dieses Lavieren ist mittlerweile nicht unüblich im postsowjetischen Raum, was die außenpolitische Sichtweise und Analysen komplizierter macht, als es manche Schwarz-Weiß-denkende Journalisten immer noch denken.

Gute Verhältnisse zu Moskau sind notwendig, um sich von Rumänien zu emanzipieren, aber auch, um weiterhin an einer Wiedervereinigung mit Transnistrien zu arbeiten.

Gute Verhältnisse zur Ukraine, Georgien etc sind aus denselben Gründen notwendig und um eine gewisse Distanz zu Moskau zu bewahren.

Gute Verhältnisse zu Rumänien oder EU sind notwendig, um auch von dieser Seite zu versuchen den Konflikt mit Transnistrien zu lösen und um auch nicht zu abhängig von Moskau zu sein.

Wie man sieht ist die Lage sehr kompliziert. Zudem treiben die Großmächte eben auch ihre Spielchen in dieser Region. Gerade deswegen fand ich es interessant, dass sowohl die OSZE als auch die GUS meinten, dass die Wahlen in Ordnung waren.

Kleine Kurskorrektur oder Instrumentenkorrektur der US-Außenpolitik seitens Obama?

Auf jeden Fall sollten die weiteren Ereignisse weiterhin verfolgt werden.

Gründe gibt es hierzu mehrere:

- Transnistrien wurde im Gegensatz zu Südossetien und Abchasien seitens Russlands nicht anerkannt. Begründung ist, dass es keine militärischen Aktionen der moldauischen Zentralregierung gab, die es den Menschen dort unmöglich gemacht hätte in einem gemeinsamen Staat gemeinsam zu leben. Dies waren ja die Begründung für die Anerkennungen des Kosovo durch den Westen und der zwei georgischen Provinzen durch Russland.

- Unstabilität des Nachbarlandes Ukraine: Die Ukraine ist unstabiler denn je - zudem sind für dieses Jahr Präsidentenwahlen angesagt. Ich rechte, um es salopp zu sagen, mit einem sehr schmutzigen Wahlkampf.

- Machtverschiebungen nach der Unabhängigkeitsbewegunf des Kosovo in der Region.

- Außenpolitik des neuen US-Präsidenten Obama und Außenpolitik der EU.

Übrigens wurde in Moldawien angeordnet die Stimmen neu auszuzählen. Wie gesagt, es bleibt spannend.

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