Wie vor einer Klassensprecherwahl, bei der zwei Cliquenchefs antreten und alle im Vorfeld gucken, wer für wen stimmen wird und es alle brennend interessiert, was die sogenannten Neutralen machen, wird nun auch im UN-Sicherheitsrat geschaut, ob der Kosovoplan des finnischen Expräsidenten, der die südserbische Krisenprovinz in einer überwachte Unabhängigkeit führen soll, durch kommt oder nicht. Dabei ist gar nicht klar, wann und ob abgestimmt werden soll.
15 Mitglieder sitzen im UN-Sicherheitsrat. Viele wissen, dass deren 5 ein Vetorecht haben. Wenige wissen, dass 9 Staaten für einen Vorschlag zu stimmen müssen.
Die Washington Post geht von folgendem Szenario aus:
Frankreich, USA und Großbritannien sind für die Unabhängigkeit. (3)
Große Bedenken äußern hingegen: China, Kongo, Ghana, Indonesien, Peru, Südafrika, Slowakei, Katar und Russland. (9)
Bei Italien, Belgien und Panama sah die Post eine gewisse Neutralität. (3)
Die serbische Tanjug kommt zu einer ähnlichen Prognose:
Frankreich, USA, Großbritannien, Belgien und Panama sind für eine Unabhängigkeit (5)
China und Russland seien dagegen (2)
Die restlichen acht seien zurückhaltend.
Von einer internationalen Staatengemeinschaft kann man auf jeden Fall noch nicht reden.
Interessant ist der Riss, der Quer durch die atlantisch-europäische Institutionen geht.
Zwar befürwortet die EU-Trojka mit dem deutschen Außenminister, dem katalanischen Mr GASP (Solana) und dem finnischen Erweiterungskommissar (Ren) Ahtisaaris Plan. Die EU-Mitglieder sind sich allerdings gar nicht einig. Amerikanische Diplomaten touren nun herum.
Polen, Slowakei, Rumänien, Italien, Spanien, Griechenland, Zypern... jeder äußerte schon einmal Skepisis oder es gab Szenen, wo im Parlament gefordert wird, dass der Kosovo unbedingt Bestandteil Serbiens bleiben müsse (so in der Slowakei, die eine große magyarische Minderheit hat, die Ahtisaaris Plan übrigens unterstützt).
Man muss gar nicht in den Kaukasus schauen oder auf Russland, man muss gar nicht nach Indonesien oder andere Vielvölkerstaaten schauen, die sich vor einer Zwangloslösung des Kosovo von Serbien fürchten. Selbst in der EU und NATO exisitieren diese Ängste. Die Vergewisserung von Seiten Ahtisaaris oder der USA, dass es sich hier nicht um einen Präzendenzfall handelt, bleiben ungehört. Denn das interessiert Sezessionisten gar nicht. Egal, wo sie auf der Welt sind.
Wie siehts nun im UN-Sicherheitsrat aus. Kommt ein Veto Russland und/oder Chinas?
Ich denke, beide Mächte wollen es nicht dazu kommen lassen, außer es gäbe eine breite Antiunabhängigkeitsfront im Rat. Ein Veto und als Reaktion darauf die einseitige Anerkennung durch Teile der Welt (USA; Teile der EU...) , aber keine UNO-Anerkennung, wäre der endgültige Tod des Völkerrechts, so wie wir es seit dem 2. Weltkrieg kennen. Russland könnte Abachasien anerkennen, wenn es Georgien und somit die USA ärgern wolle. Diese erkennen Tschetschenien an. Die Serben erkennen evtl. die bosnische Serbenrepublik an. Die Bosniaken den Sandschak....
Bisher hatten wir das nur mit dem türkischen Teil Zyperns, der nur von der Türkei anerkannt ist. Nun würde jeder den anerkennen, auf den er Bock hat, egal, ob es die anderen tun. Einmischung in innere Konflikte, nein sogar die Schürung von diesen wäre vorprogrammiert.
Indien will Einfluss in China? Man baut eine tibetische Rebellenarmee und erkennt diesen Staat an etc pp.
Deswegen wird Russland und China alles versuchen, dem aus dem Weg zu gehen. Schließlich kennen man das Papier der Internationale Crisis Group von Ahtisaari - Anerkennung des Kosovo auch gegen den Willen Russlands.
Was wird diese Weltmacht wohl tun? Es am besten nicht dazu kommen lassen, dass über Ahtisaaris Plan abgestimmt wird. Man beharrt darau, dass endlich die Resolution 1244 gänzlich umgesetzt wird etc. Allerdings wissen das auch die Amerikaner.
Entweder man setzt sie auf Konfrontation, blocken alle Vorschläge Russlands ab, damit es zu Abstimmung kommt, oder man will die Konfrontation momentan nicht haben und versucht eine abgeschwächte Form durchzubringen. Nichts halbes und nichts ganzes. Ob das passiert ist momentan etwas fraglich, da Ahtisaari bei seinem ersten Plan das Wort Unabhängigkeit nicht in den Mund nahm - nun nach den letzten Verhandlungen in Wien schon.
Tja, was dann. Russland hätte die Wahl zwischen Pest und Cholera. Lässt man es durch, dass die UN gegen den Willen eines Mitglieds einen Teil seines Gebietes wegnimmt, wäre das ein Prä
zedenzfall. Man würde den Anschein erwecken, man trage auch Verantwortung. Allerdings wäre es eine diplomatische Schlappe. Russlands Comebackversuch auf der internationalen Bühne wäre somit beendet. Höhepunkt wäre Putins Münchenrede.
Sagt Russland Veto ist man außerhalb der UN. Allerdings wäre Russland ein big player. Evtl könte man eine breite Basis aufbauen, die sich für eine multilaterale Welt einsetzen, was die Welt wieder zurück zur Uno bringen würde.
Da ich bwin.de Fan bin - wette ich einen Euro darauf, dass es zur keiner Kosovo-wird-unabhängig-Resolution kommt, weil Russland Njet sagt oder die Amis eine abgeschwächte Form bringen.
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