Donnerstag, März 29, 2007

Pokern

Seit einiger Zeit ist Pokern wieder angesagt. Egal ob im Casino, bei Freunden oder im Fernsehen. Überall erfreut sich dieses Spiel, in dem es auch ums Bluffen geht, über einen regen Zulauf.

Gepokert wird momentan auch im UN-Sicherheitsrat, außerhalb und in Serbien. Um was es genau geht, ist unterschiedlich. Die Einsätze unterscheiden sich auch. Das Casino heißt Kosovo.

Der als Hardliner bekannte Spieler Großbritannien, Bulldoge im Tandem mit dem erwachsenen Sohn USA, ist ab April Dealer am Tisch "UN-Sicherheitsrat" und übernimmt von Südafrika. Gleich zu Beginn geht es um neue Einsätze. Nach dem Ahtisaaris Casino-Umbaupläne vorgestellt worden ist, muss der Dealer festlegen, wann die 15 Spieler darüber diskutieren, um das nächste Spiel zu starten.

Der aufstrebende Spieler Russland, der vormals mit dem Pseudonym Sowjetunion in der höchsten Klasse pokerte, bis er einmal fast alles verlor, ist nach einer Kur bei Dr. Putin und Geschäfte in der Petroindustrie wieder reich geworden und will wieder mitmischen im großen Spiel. Allerdings will dieser Spieler nicht die Fehler von früher wiederholen und geht nicht gleich All-In. Vorsichtiger ist, viel vorsichtiger. Deswegen schlug sein Rechtsanwalt Tschurkin nun vor, dass am Tisch "UN-Sicherheitsrat" erst über Ahtisaaris Plan debattiert werden soll, nachdem sich alle Spieler erkundigen, ob es im Casino "Kosovo" mit rechten Dingen zu gehe, um sich ein eigenes Bild der Lage zu verschaffen. Schließlich geht es um viel Geld. Da bräuchte man alle Informationen. Des Weiteren solle überprüft werden, ob die Resolution 1244 eingehalten wird.
Der Dealer GB und sein Tandempartner USA sind dagegen.


Ja eigentlich fragt man sich auch, wieso Russland das will. Casino-Insolvenzverwalter Joachim Rücker, ein Deutscher, legte vor einigen Tagen einen Bericht vor am Tisch "UN-Sicherheitsrat". Und zwar gemäß der Resolution 1244. Alle drei Monate unterrichtet er die Big Player über die aktuelle Situation.

Allerdings ist dieses Mal alles anders. Architekt Ahtisaari hat die Umbaupläne fertiggestellt und will sie veröffentlichen. Während das Casino "Kosovo" de jure zur Kette "Serbien" gehört, hatte der finnische Archtiekt vor, dieses da herauszulösen und selbständig zu machen. Finanziert soll der insolvente Laden durch Milliarden-Finanzspritzen eines Multis, genannt "EU".

Dem Insolvenzverwalter Rücker gefällt der Plan, weswegen er am Tisch "UN-Sicherheitsrat" dachte gar nicht über die Resolution 1244 zu reden oder Mißstände im Casino, sondern dem Anwalt der Kette "Serbiens" verbieten wollte zu reden und allen zu sagen, wie dufte er Ahtisaaris Umbauplan findet. Tschurkin gefiel das gar nicht und entgegen der Geflogenheiten, unterbrach er ihn und bat ihn, nicht Schleichwerbung für einen Architekten zu machen, sondern einen Bericht über die letzten 3 Monate zu liefern. Nach einer Weile verließ Tschurkin demonstrativ (offiziell war es nicht demonstrativ, sondern zufällig) den Tisch.

Aus dieser Unzufriedenheit drängt Tschurkin nun alle anderen Advokaten dazu, sich doch Mal im Casino umzuschauen. Wie schaut es mit den Schutz der Arbeitsplätze aus? Werden Midnerheiten diskriminiert etc pp. Das Tandem aus der Familie der Angelsachsen ist dagegen. Sie wollen wohl so schnell wie möglich All-In gehen. Keine Verhandlungen, keine zusätzlichen Informationen, einfach flott, flott, flott. Genau die gleiche Nummer, wie in Saddams ehemaligen Casino "Irak". Bleibt abzuwarten, wass Tschurkin sonst noch einfällt und was vor allem die anderen 12 Spieler sagen.

Im Tisch "Serbien", dass nach der Kette benannt worden ist, geht das Pokern auch weiter. Allerdings weiß man hier um was. Regierungsposten....

Eine 3 Parteikoalition soll wohl gebildet werden aus der prowestlichen und liberalen DS (Demokratischen Partei. Partei des Präsidenten Tadic und des verstorbenen Djindjics), der Zentrumspartei und DS-Abspaltung DSS (Demokratische Partei Serbiens. Partei des Noch-Premiers und Milosevicstürzer Kostunica) und der wirschaftsliberalen, prowestlichen Wirtschaftsexpertenpartei G 17. Gestritten wird z.B. um das Polizeiressort und um das Verteidigungsministerium. Eigentlich merkwürdig für demokratische Partei. Doch nicht in der jetzigen Situation. Denn die Mehrheit der 3 Parteien (zweit, dritt und viertstärkste Partei) ist nur hauchdünn. Die politischen Meinungen aber unterschiedlich, fast gegensätzlich. Dazu kommt die Kosovofrage. Zwar sind alle einer Meinung, dass Kosovo weiterhin Bestandteil Serbiens bleiben muss. Der Unterschied ist, wie man sich nach einer Anerkennung des Kosovo durch bisher als verbündete gedachte westliche Staaten, verhält. Schließlich wurden alle drei Parteien durch den Westen unterstützt, um Milosevic zu stürzen. Allen drei waren Verbündete. Zeil war die Mitgliedschaft in der NATO und EU.

Während Präsident Tadic weiterhin auf Integrationskurs setzt, auch wenn die EU und USA den Kosovo abtrennen und als unabhängigen Staat anerkennen würden, wettert Kostunica immer mehr gegen den Westen. Interessant ist dieses, wenn man seine Vita kennt. Dissident in Titos Jugoslawien. Ausgebildeter Jurist und Politikwissenschaftler. Dozent. Beschäfftigte sich viel mit Hannah Arendt, Alexis de Tocqueville, den Federalist Papers, um das kommunistische Regime zu kritisieren. Ein konservativer, pro-westlicher Intelektueller, würde man meinen. Obwohl der Wahlkampf beendet ist, kritisiert und warnt er den Westen davor den Kosovo abzutrennen. Und ja, er will die staatliche Gewalt (Militär und Polizei) in seiner Hand. Denn eigentlich ist es eine Frage der Zeit, bis dieses Koalition auseinanderfällt. Spätestens nachdem westliche Staaten den Kosov anerkennen und die Frage bleibt, was die serbische Reaktion auf diese Staaten sein soll (Kostunica erinnert daran, dass die vom UN-Sicherheitsrat nicht genehmigte NATO-Aktion [humanitäre Intervention genannt] gegen Serbien 1999 wegen des Kosovo, in einem anderen Licht stünde, wenn die NATO-Staaten 8 Jahre danach den Kosovo in die Unabhängigkeit schickten). Spätestens hier bricht die Koalition auseinander. Deswegen wird jetzt schon gepokert, wer, welches Ressort bekommt, weil man weiß, dass diese Koalition von kurzer Dauer sein wird. Denn in einer Übergangsphase kann man entweder eine Koalition mit jemanden anderen schließen, wobei Kostunicas Partei da mehr Möglichkeiten (Zusammengehen mit Radikalen) hat, als Tadics Partei oder es gibt neuwahlen und wieder Koalitionsverhandlungen. Bis dahin während die Ressorts übergangsweise vom Vorgänger geführt. Deswegen ist das Polizei- und Militärressort so wichtig.

Auch hier wollen alle wohl All-In gehen. Und das Risiko, dass keine Koalition zustande kommt, ist auch noch vorhanden.

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