Mittwoch, August 05, 2009

Wahlkampf

Gestern sprach ich kurz die Ukraine an. Präsidentschaftswahlen gibt es Anfang 2010 dort. Und der wahlkampf ist seit langem schon schmutzig.

Große und kleine schmutzige Dinge sind passiert. Vom Gasstreit mir Russland will ich gar nicht reden. Sinnbildlich erinnere ich mich daran, wie Frau Timoschenko im Spätsommer letzten Jahres Moskau besuchen sollte und Herr Juschtschenko einfach Mal ihr Flugzeug entwendet hat. Hatte natürlich nichts mit dem wichtigen Besuch zu tun. Den Besuch einer Frau, die prowestlicher als Juschtschenko selbst galt, aber mittlerweile als sehr pragamitisch-operierende Politikerin gelten kann. Sie nähert sich seit längerem eben auch an Moskau an. Damals ist sie auch nach Moskau hin, um einen drohenden Gassteit im Winter aus dem Weg zu gehen. Sie und die russische Seite waren sich über Preis und Lieferbedingungen einige. Herr Juschtschenko hatte etwas dagegen und torperdierte das Unterfangen. Ende der Geschichte? Es kam wieder zum Gasstreit. Buhmann war Moskau. Am Ende allerdings hat Timoschenko dann doch mit Moskau einen Vertrag unterschieden, allerdings teurer, als den im Sommer. Die Schelte in der Ukraine gegen Juschtschenko gab es sofort. Gäbe es ihn nicht, hätte es keinen Gaspreis und keine so hohen Preise danach gegeben. Aber Herrn Juschtschenko ist jedes Mittel recht.

Statt sich um die Wirtschaftskrise zu kümmern, kümmert er sich darum, dass der Holodomor / Golodomor zu Zeiten Stalins als Genozid am ukrainischen Volk angesehen wird. Ein ukrainischer Freund von mir, der damals orangene Fahnen für Juschtschenko schwenkt zeigte sich nur mehr als verwundert. Statt sich um die bestehenden Probleme zu kümmern, will er wieder sich und die Ukrainer als Opfer der Russen sehen. Zudem sei es die stalinistische Zeit (und Stalin selbst Georgier und keine Slawe) und Sowjetzeit gewesen. Des Weiteren seien sehr viele Menschen während dieser Jahre allgemein auch in Südrussland und nicht nur in der Ukraine. Übrigens hier zum größten Teil im, wie es so schön in unserer Medienlandschaft so heißt "prorussischen" Ukraine und nicht in der russophoben westlichen Teil.

Aber damit ist nicht genug. Das Feindbild, um eins zu sein, Bedarf vieler Bilder, damit es besteht, auch wenn man einzelne Aspekte widerlegen kann. So funktioniert halt Propaganda.

Deswegen gibt es die Gefahr, dass Russland dasselbe in der Ukraine tut, wie in Georgien. Zudem teilen Russen Pässe aus. Russische. Einfach so. (Ich mag diese Redewendung allgemein nicht, weil man nicht Pässe, sondern erst einmal eine Staatsbürgerschaft zu erhalten hat. Beim Bild könnte man sich wirklich vorstellen, wie jemand am Marktplatz schreit: Pässe! Frische russische Pässe! Wer hat noch keinen! Frische russische Pässe. Aber sei's drum. Braucht es da auch nicht jemanden, der diese auch will und annimmt???). Es geht alles soweit, dass sogar der neue Generalsekretär der Nato sich hier zu Wort meldet (siehe gestrigen Beitrag).

Es geht aber weiter. Juschtschenko will eine ukrainische Nationalkirche schaffen und deswegen ist im die Präsenz der russisch-orthodoxen Kirche ein Dorn - besser gesagt: die ukrainisch-orthodoxe Kirche, die dem Moskauer Patriarchat untersteht. Der neue russische Patriarch ist zu einem längerem Besuch in der Ukraine und wollte eben auch die westukrainische Stadt Rowno / Riwne besuchen. Aber man erteilte ihm nicht die Landeerlaubnis. Vielleicht hat Herr Juschtschenko ja einmal wieder das Flugzeug der Frau Timoschenko entwendet?! Kyrill I. schaffte es dennoch, trotz Gefahr dort ausgebuht zu werden, seine Schafe in der westukrainischen Stadt zu besuchen.

Und als ob das alles nicht genug ist, holt er den alten Giftanschlag auf ihn hervor. Wie man dem Beitrag der SZ entnehmen kann, gibt es Kritiker, die meinen, Herr Juschtschenko, der bei 5% rumgammelt, verwende es als Wahlkampfwaffe. Wer die anderen Geschichten, die momentan seit über einem Jahr in der Ukraine kennt, wundert sich nicht ob dieser Reaktion. Auf die schnelle kann ich leider nichts zu dem Schweizer Labor sagen. Ich weiß allerdings, dass der behandelnde Arzt damals, derselbe war, der danach auch den Fall des radioaktivverseuchten Ex-KGB-Agenten Litwinenko, untersucht hatte. Diese Umstände ließen offen, inwieweit es sich um einen "neutrales Gutachten" handeln kann.

Sei's drum. Auch das ist Thema in der Ukraine, die auf einen neuen Präsidenten warten.

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